Müßiggänger wider Willen

Wetter / 26.09.2017 • 19:44 Uhr
Müßiggänger wider Willen

Kaum Obst im Herbst. Das ist für Moster Andreas Krammel neu.

Lustenau Andreas Krammel sitzt gemütlich auf seiner Gartenbank und beobachtet das rege Treiben der Bienen auf den blühenden Büschen unmittelbar vor ihm. „Das hab‘ ich noch nie gemacht. Nicht jetzt im Herbst“, sinniert der 47-jährige Lustenauer. Krammel ist hauptberuflich als Erzeuger von Obstsäften, Schnaps und Essig tätig. Gewöhnlich steht er zu dieser Jahreszeit von früh bis spät an seinen Saftpressen und produziert auf Teufel komm raus. „Aber wenn es kaum Obst gibt, dann kann ich nicht viel produzieren“, bemerkt der Familienvater lapidar.

Noch nie hat Krammel erlebt, dass es zur Obsterntezeit in Vorarlberg praktisch kein Obst gibt. „Das ist sogar für alte Menschen im Obstbau eine völlig neue Erfahrung.“

Das Teufelsjahr

Einen Moster wie ihn trifft ein Teufelsjahr wie dieses. „Frost, Hitze, Regen. Das war für unsere Äpfel und Birnen zu viel“, beschreibt Krammel das Dilemma. Kommt hinzu, dass die paar wenigen Früchte, die es trotzdem bis zur Ernte geschafft haben, von überschaubarer Qualität sind. „Dadurch haben sich die Inhaltsstoffe nicht richtig entwickelt.“ Der Unternehmer zeigt Äpfel und Birnen mit ungewöhnlich großen braunen Streifen. „Einige der Äpfel hat es sogar richtiggehend gespalten.“

Trotzdem jammert der Unternehmer nicht. „Ich habe gute Jahre hinter mir. Von daher ist es für mich verkraftbar, einmal von der Substanz zu leben. Aber ein zweites solches Jahr hintereinander sollte es nicht mehr geben. Dann käme der gesamte Obstbau in große Schwierigkeiten.“ Krammel selbst ist ein umtriebiger Mann. Ein Anpacker, der sich von Rückschlägen nicht kleinkriegen lässt und sich was traut. So traute sich der gelernte Werkzeugmacher vor fast 20 Jahren, einen gut bezahlten Job in der Schweiz sausen zu lassen, um sich seiner Leidenschaft zu widmen. Die hatte schon immer etwas mit Natur und Landwirtschaft zu tun. „Bereits als Vierjähriger war ich immer in der Mosterei unseres Nachbarn. Der hatte auch eine Landwirtschaft. Dort hat mich alles interessiert.“

Hobbylandwirt

1999 schließlich wagte er sich als Moster, Schnapsbrenner und Futtermittelerzeuger in die Selbstständigkeit und baute in der Dornbirner Straße einen stattlichen Produktionsbetrieb. „Einige sagten mir: Da traust du dich was. Aber ich bin dann in sehr gute Jahre hineingekommen. Most etwa wurde kaum mehr produziert. Das hat sich dann wieder geändert. Und vielleicht konnte ich auch etwas dazu beitragen, dass Obstsäfte wieder beliebt wurden“, fühlt sich Krammel in seinem beruflichen Werdegang bestätigt.

Der 47-Jährige ist stolz auf sein kleines „Imperium“ in der Dornbirner Straße. Gerne zeigt er seine zwei Obstpressen. Auf der großen presst er seine eigenen Produkte, auf der kleinen das Obst jener Kunden, die mit den Früchten zu ihm kommen und bei ihm für ihren Privatkeller mosten lassen. „Die Pressmaschine ist für die Qualität des Saftes entscheidend“, weiß Krammel. „Meine große Maschine ist diesbezüglich ein Mercedes“, fügt er schmunzelnd hinzu.

Dass jemand wie er neben der harten Arbeit als Fruchtsaft-, Essig- und Schnapsproduzent noch hobbymäßig Landwirtschaft betreibt, passt zum Wesen des vierfachen Lustenauer Familienvaters. Bei seinen Pferden, Schafen und Gänsen findet Andreas Krammel Entspannung. Und wenn ihm das noch nicht ganz reicht, „dann geh’ ich auf die Alp“. VN-hk

„Für mich ist dieses Jahr verkraftbar. Aber ein zweites solches sollte es nicht geben.“

Zur Person

Andreas Krammel

Geboren 25. November 1969

Beruf Lebensmittelerzeuger

Wohnhaft Lustenau

Familie Verheiratet, vier Kinder

Hobbys Berge, Landwirtschaft

Lieblingsspeise Rostbraten