Theater ohne Maske

Regisseur Martin Gruber ist der „Vorarlberger des Jahres z’Wian“.
Wien Martin Gruber liebt das Komplexe, das, was hinter der Maske steckt und abseits der gesellschaftlichen Norm geschieht. Der Regisseur und Leiter des Aktionstheaters will mit seiner Arbeit das Menschsein ergründen. „Es ist ein Versuch, hinter die Kulissen zu schauen und nicht, wie früher im Theater, einfach eine andere Rolle zu spielen oder etwas nachzuäffen. Es ist ein Versuch, seiner eigenen Vielschichtigkeit gewahr zu werden“, erklärt er.
Dass dies Martin Gruber Stück für Stück gelingt, beweist nicht zuletzt der renommierte Nestroy-Preis, den das Aktionstheater Ensemble 2016 für sein Werk „Kein Stück über Syrien“ erhalten hat. Am Dienstag erhielt der 50-Jährige eine weitere Auszeichnung, nämlich jene des „Vorarlberger des Jahres z‘Wian“.
Martin Gruber bezeichnet solche Preise als etwas Wunderbares, als eine Bestätigung dafür, dass Kunst für die Gesellschaft „doch nicht so unwichtig ist“. Der Regisseur bleibt aber bescheiden. Er arbeite nicht der Preise wegen: „Sie freuen mich zwar riesig, aber am meisten freut mich die Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Stück. Auszeichnungen sind nur eine schöne Konsequenz aus dem, was wir tun.“
Von Fellini inspiriert
Ursprünglich war es nicht das Theater, sondern der Film, der Gruber faszinierte und Startschuss seines Werkens war. „Die Filmregie hat mich mit 14 gereizt. Vor allem die Filme von Federico Fellini haben mich angesprochen.“ Der logische nächste Schritt war für ihn die Schauspielschule. In dieser Zeit habe er Performances gemacht und den direkteren Zugang zum Publikum entdeckt: „Das hat mich fasziniert und dieses Direkte wollte ich dann mit der Magie des Theaters verbinden.“ Nach Abschluss der Ausbildung war das Aktionstheater dann schon geboren, das sich über die Jahre stets gewandelt hat.
Zuerst setzte Gruber mehr auf große Klassiker, die er in einen neuen Zeitkontext stellte. Vor rund zehn Jahren kam dann der Wendepunkt. „Ich habe die Schauspieler gefragt, wie es ihnen geht und begonnen, mit diesen Interviews zu arbeiten. Wir beziehen uns also nicht nur auf bestehende Literatur, sondern schaffen sie selbst“, erklärt der Regisseur das Konzept des Aktionstheaters, das die Frage „Wie geht es euch wirklich?“ in den Mittelpunkt stellt. „Wir wachsen nur, wenn wir Dinge erfahren, für die uns vielleicht der Mut fehlt, sie selbst auszuleben“, meint der 50-Jährige. Die aktuell „erbärmliche Verkürzung von Inhalten und haarsträubende Simplifizierung auf Überschriften“ sei weder dem politischen noch dem medialen Diskurs zuträglich. Das Theater könne hier einen Unterschied machen; nur ein Grund, warum Gruber in den Werken des Aktionstheaters auf gesellschaftliche Vielfalt setzt. Diese müsse sich nicht nur in der Kunst widerspiegeln, sondern auch im Parlament und in den politischen Inhalten, fordert der Regisseur. „Ich mag die Liebe zu einem Land, aber Patriotismus mag ich nicht, weil dieser exkludiert und ausschließt“, sagt er.
Gruber hat gleich zwei Heimaten gefunden, nämlich in Vorarlberg und Wien, wo er sich je zur Hälfte aufhält. Dem Herumhacken mancher Vorarlberger auf Wien kann er nichts abgewinnen. Er bezeichnet dies als unbegründeten Minderwertigkeitskomplex. Er selbst ist genau so gerne da wie dort. Auch mit dem Aktionstheater. VN-ebi
„Ich wollte den direkteren Zugang zum Publikum mit der Magie des Theaters verbinden.“
Zur Person
Martin Gruber
gründete 1989 das Aktionstheater und spielt seit Jahren auch im Rahmen des Festivals Bregenzer Frühling.
Geboren 1967 in Bregenz, aufgewachsen in Dornbirn
Freizeit Wandern, mit Menschen Zeit verbringen, Musik, Literatur
NEUESTE Stücke Ich glaube (2017), Jeder gegen jeden (2016), Immersion (2016), Kein Stück über Syrien (2015), Pension Europa (2014)