Kein Puppenmädel

Als Anstreicherin erfolgreich in einem Männerberuf.
Hard. Als Kind hat Andrea Salzgeber (44) nie mit Puppen gespielt. „Das Puppenzeug war nicht mein Ding.“ Da spielte sie lieber mit ihrem Cousin Fußball oder fuhr mit dem BMX-Rad durch die Gegend. Ihr machte es auch Spaß, wenn sie Rasen mähen oder Holz in den Keller räumen durfte. Als es im Jahre 1988 darum ging, einen Beruf zu erlernen, wusste die Harderin, dass sie etwas mit den Händen machen wollte. Sie schnupperte in einer Tischlerei. Dort riet man der 1,58 Meter großen Jugendlichen aber von dem Beruf des Schreiners ab. „Sie meinten, das sei für eine kleine Person wie mich eine zu schwere Arbeit.“
Am Bau weht ein anderer Wind
Das AMS vermittelte ihr eine Lehrstelle in einem Malerbetrieb. Auch dort schnupperte sie zuerst ein paar Tage. „Die Arbeit hat mir getaugt. Aber im Stillen dachte ich mir: ,Der nimmt mich sicher nicht.‘“ Der Maler war mit ihr aber so zufrieden, dass er sie als Lehrling aufnahm. „Ich war die erste weibliche Person in dem Betrieb. Mein Chef hatte es vorher noch nie mit einer Frau versucht.“ Ihr Umfeld nahm es unterschiedlich auf, dass sie einen Männerberuf ergreifen wollte. „Meine Mutter war damit einverstanden. Ihr war wichtig, dass ich eine Lehre mache.“
Ihr Vater lockte mit einer Lehrstelle in einer Boutique. „Doch das interessierte mich nicht.“ Freunde und Bekannte waren skeptisch. „Du wirst dich noch anschauen auf dem Bau unter Männern. Da weht ein anderer Wind. Außerdem ist es dort kalt und dreckig“, war der Tenor der Einwände, die sie zu hören bekam. Doch Andrea ließ sich nicht beirren. Frohen Mutes nahm sie die Lehrstelle an. Doch ihre Freude an der Arbeit wurde bald getrübt. „Ein älterer Kollege ärgerte mich dauernd. Vermutlich war er in seiner männlichen Ehre gekränkt, dass seinen Job auch eine Frau machen kann.“ Andrea litt so sehr darunter, dass sie daran dachte, die Lehre abzubrechen. Doch dann vertraute sie sich ihrem Chef an. Dieser sprach zugunsten seines Lehrlings ein Machtwort. „Danach hörten die Sticheleien auf.“
Andrea schloss die Lehre ab und blieb ihrem Arbeitgeber weitere 15 Jahre treu. Als die Firma mit Auftragsrückgängen zu kämpfen hatte, wurde sie jedoch mit einer weiteren Frau entlassen. Was zunächst ein Schock war, stellte sich im Nachhinein als Glücksfall heraus. „Wenn man mir nicht gekündigt hätte, hätte ich mich wahrscheinlich nicht selbstständig gemacht.“ Seit 2005 ist sie ihre eigene Chefin. Und das hat, wie sie sagt, auch Vorteile. „Man verdient mehr. Allerdings habe ich jetzt weniger Freizeit als früher.“ Heute floriert ihr Betrieb. „Am Anfang war es aber hart. Bis ich einen Kundenstock aufgebaut hatte, musste mich mein Mann Otmar unterstützen.“ Dieser ist seit 2008 bei ihr angestellt. „Ohne ihn ginge es nicht. Er macht die Buchhaltung und ist mein Gehilfe.“
Im nächsten Jahr sind es bereits 30 Jahre, dass sie als Anstreicherin arbeitet. „Es ist ein schöner Beruf. Das Malen selbst ist eine beruhigende Arbeit. Das Allerschönste an meinem Beruf ist aber, dass ich Menschen Freude bereite, wenn ich eine Wohnung, ein Haus oder eine Fassade verschönere.“ Ihre Kunden schätzen es, dass sie exakt, sauber und mit hochwertigen Farben arbeitet. Vorbehalten gegenüber Frauen in einem typischen Männerberuf ist Andrea bis jetzt keinen begegnet, im Gegenteil. „Ich habe gemerkt, dass viele mehr Vertrauen zu Frauen haben.“ VN-kum
„An meinem Beruf gefällt mir am besten, dass ich etwas verschönere.“
Zur Person
Andrea Salzgeber
hat sich in einem männerdominierten Beruf durchgesetzt und sich mit Erfolg als „Andrea, die Malerin“ selbstständig gemacht.
Geboren 27. Juni 1973
Ausbildung Malerlehre
Familie verheiratet mit Otmar
Hobbys Reisen, Hund Revanche