Der Zahlen-Erzähler

Wetter / 17.10.2017 • 19:47 Uhr
Der Zahlen-Erzähler

Ein Querdenker in Sachen Migration und Entwicklung.

Bludenz „Gelungene Integration kann nur passieren, wenn ein Umdenken bei uns stattfindet. Wir haben die Kapazität, die Infrastruktur und die Einrichtungen. Wir können lernen, mit diesen Situationen umzugehen und diese zu bewältigen. Nicht nur jetzt, sondern auch in Zukunft“, ist August Gächter überzeugt.

Seit seiner Studienzeit, die Ende der 1970er-Jahre begann, lebt der in Klaus aufgewachsene Soziologe in Wien. Dennoch ist er nach wie vor eng mit Vorarlberg verbunden. Grund dafür ist seine berufliche Tätigkeit, die den 59-Jährigen immer wieder in seine Heimat führt, so auch aktuell. Im Rahmen des „1. Integrationsforum Oberland“ weilt der Migrations- und Entwicklungsexperte derzeit in Bludenz.

Ursprünglich war der bekennende Vorarlberger ausgezogen, um in der Bundeshauptstadt Physik zu studieren. „Das Physikstudium war mir dann aber zu trocken“, sagt er. Durch seinen Luxemburger WG-Mitbewohner kam er auf die Idee, einen anderen Ausbildungsweg einzuschlagen; die Entscheidung für das Soziologiestudium war gefallen.

Auslandsjahr in den USA

Waren es zunächst Entwicklungsthemen, die Gächter interessierten, so spezialisierte er sich mehr und mehr auf die Thematik der Migration. „Zu diesem Thema hatte ich einen gewissen Hintergrund, da ich mich nach meinem Auslandsstudienjahr in den USA im Jahr 1976/77 mit interkulturellen Themen beschäftigt habe“, sagt er.

Im Laufe der Jahre hat der am Zentrum für soziale Innovation arbeitende Vorarlberger unzählige Information durchgearbeitet. Dass sich dabei gewisse Muster erkennen lassen, steht für ihn außer Frage. „Dennoch“, schränkt er ein, „muss man immer offen dafür sein, dass sich etwas ändern könnte.“ Ein Klischee, das man entwickelt hat, könne plötzlich nicht mehr stimmen.

Bei seinen Forschungen kommt Gächter seine Affinität für Zahlen zugute. „Das hat mir das Überleben im Migrationsthema erleichtert“, sagt das Vorstandsmitglied beim Beratungszentrum für Migranten, der überzeugt ist, mit Zahlen eine Geschichte erzählen zu können. Auch auf die Genauigkeit seiner Forschungsergebnisse legt der akribische Arbeiter höchsten Wert. „Je präziser ich mich ausdrücke, desto unmissverständlicher ist die Botschaft.“ Er selbst lebt Integration mit dem Versuch, offen zu sein. „Integration besteht darin, dass ich versuchen muss, dieser Person sympathisch zu sein. Nur so wird sie auf mich zukommen. Ich als Gastgeber muss ihr den roten Teppich ausrollen. Dann funktioniert das“, sagt er. Wenngleich ihn der Aufruhr im Zuge der Flüchtlingswelle 2015 „völlig überrascht“ hat, so kann er dem daraus resultierenden Infrastrukturaufbau durchaus Positives abgewinnen. „In Sachen Integration sind wir jetzt viel handlungsfähiger als noch vor fünf Jahren“, freut sich der Soziologe. Nun gelte es, am Drücker zu bleiben und die nächsten Schritte anzugehen. „Die Leute ins Land zu lassen ist der einfache Teil. Die Sesshaftigkeit und die Integration in den Arbeitsmarkt zu organisieren, das ist die große Herausforderung. Hier ist querdenken gefragt.“ Gerade die Zusammenarbeit von Gemeinden und Sozialpartnern sei diesbezüglich unabdingbar. „Derzeit sind wir dabei, das Fundament zu legen“, so Gächter abschließend. VN-js

„Bei der Integration in den Arbeitsmarkt müssen wir aus der Schachtel hinausdenken.“

Zur Person

August Gächter

arbeitet am Zentrum für soziale Innovation in Wien und referierte im Rahmen des 1. Integrationsforums Oberland in der Remise Bludenz.

Geboren 29. April 1958 in Lustenau

Familie ledig

Ausbildung Studium der Soziologie an der Universität Wien

Hobbys Spazieren, noch mehr wissen

Leitspruch Andere kochen auch nur mit Wasser.