Der Sender am Pfänder

Wetter / 23.10.2017 • 19:05 Uhr
Der Sender am Pfänder

Edmund Schwendinger wacht über die große Senderanlage am Berg.

Bregenz Das Gebäude zittert. Stühle fliegen am Fenster vorbei. Es ist der 26. Dezember 1999. Während Edmund Schwendinger bei der Senderanlage am Pfänder weiter die Stellung hält, fegt Orkan Lothar über das Land hinweg. Der Sturm rüttelt am 95 Meter hohen rot-weiß-gestreiften Antennenmast. Dann fällt der Strom aus. Schwendinger bewahrt trotzdem Ruhe. Mittels Aggregat gelingt es, weiter Radio- und TV-Signale an die Haushalte zu senden. „Die Anlage am Pfänder war die einzige im Bodenseeraum, die damals unterbrechungsfrei gesendet hat“, erinnert sich der Sendertechniker. 

Allein am Berg

Inzwischen sind fast 18 Jahre vergangen. Schwendinger eilt mit dem Handy am Ohr durch die Gänge des Gebäudes am Pfänder. Wieder einmal steht ein Großkampftag für den 59-Jährigen an, denn der ORF stellt nun komplett auf das digitale Antennenfernsehen in HD – also auf Fernsehen in scharfer Bildqualität – um. Obwohl „Pfänder-Edi“ – wie ihn seine Arbeitskollegen nennen – bereits seit 2 Uhr in der Früh auf den Beinen ist, wirkt er kein bisschen müde. Ständig ist er mit den Teams, die draußen bei den anderen Anlagen unterwegs sind, in Kontakt. Er testet, ob bei der Umstellung alles geklappt hat. „Es schaut gut aus“, sagt Schwendinger und lächelt.

Der Mann mit der rot-schwarzen Brille ist seit 25 Jahren Sendetechniker beim ORF und Stationsverantwortlicher der größten Anlage im Land. Bis vor sechs Jahren war sein Hauptarbeitsplatz noch am Berg. Schwendinger relativiert die idyllische Vorstellung eines der schönsten Arbeitsplätze des Landes wegen dem Ausblick über den Bodensee allerdings gleich wieder. Denn im Falle einer Störung war der Sendertechniker am Berg auf sich allein gestellt.

„Die Umstellung von analog auf digital hat vieles vereinfacht“, sagt der 59-Jährige. Mittlerweile kann er den Großteil seiner Arbeit vom Studio aus erledigen. Früher checkte Schwendinger täglich noch vor Ort alle Sendegeräte. Wenn nötig, galt es nachzujustieren, damit die Fernsehzuschauer optimale Bild- und Tonqualität empfangen konnten. „Etwa 50 Mal war ich auch am Mast oben. Drei Mal bin ich früher sogar oben hinausgeklettert, um die Lampen der Luftwarnbefeuerung auszutauschen“, erzählt der 59-Jährige.    

Die Senderanlage am Pfänder ist seit 59 Jahren in Betrieb und ein Symbol des technischen Wandels. Schwendinger hat die Neuerungen hautnah miterlebt. „Früher durfte man sich keinen falschen Handgriff leisten. Bei der Röhrentechnik waren 7000 Volt im Spiel“, berichtet er. Mit spannungsgeladenen Dingen kennt er sich aus. Er ist gelernter Nachrichten-Elektroniker und hat an der FH für Technik in Buchs studiert. Bevor er den Job beim ORF bekam, war er im Auftrag einer Lustenauer Firma ein paar Monate lang im Atomforschungszentrum Cern beschäftigt und hat dort Steuerungen des Beschleunigungsautomaten umgebaut.

Auch in seiner Freizeit tüftelt er gerne. Modellbau zählt zu seinen Hobbys, und mit seinen Kinder nimmt er die Welt per Mikroskop unter die Lupe. Apropos Kinder: „Obwohl ich immer viel gearbeitet habe, war ich bei allen drei Geburten rechtzeitig dabei“, betont Schwendinger noch und schmunzelt, ehe sein Telefon erneut klingelt und das neue Fersehzeitalter eingeläutet wird. VN-mef

„Früher durfte man sich keinen falschen Handgriff leisten. Da waren 7000 Volt im Spiel.“

Zur Person

Edmund Schwendinger

Geboren 19. April 1958

Ausbildung Lehre als Nachrichten-Elektroniker, Fachhochschule NTB in Buchs

Stationen Alge Elektronik (einige Monate im Atomforschungszentrum Cern beschäftigt), ORF Sendertechnik (seit 1992)

Familie verheiratet, drei Kinder