Kicken für Verständigung

Amir Beganovic veranstaltet ein Fußballturnier der besonderen Art.
Götzis Es gibt viele Hobby-Fußballmannschaften im Land. Und es gibt besondere Hobby-Mannschaften. Zu letzteren zählt der FC Krajisnik, der am kommenden Samstag in der Mittelschule Götzis sein fünftes Gedächtnisturnier veranstaltet. Nun wird auch dort um Tore und Siege gekickt und gekämpft. Aber das ist beim FC Krajisnik nicht alles.
Der Freizeit-Fußballklub ist eine Art Friedensprojekt, bringt Abkömmlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien zusammen und bezieht dadurch einen Großteil seiner Identität. Amir Beganovic ist der Präsident des FC Krajisnik und als solcher ein glücklicher Mensch. „Bei uns sind Serben, Kroaten und Bosnier friedlich zusammen und sorgen für ein harmonisches Vereinsleben“, sagt Beganovic.
Der Charakter zählt
Als der FC Krajisnik 1975 gegründet wurde, war das gemeinsame Auftreten von Serben, Kroaten und Bosniern noch selbstverständlich. Doch das änderte sich mit dem Jugoslawien-Krieg dramatisch. Auch in Vorarlberg standen sich viele ehemalige Gastarbeiter aus Ex-Jugoslawien, von denen die meisten später österreichische Staatsbürger wurden, feindselig gegenüber. „Der FC Krajisnik verschwand damals von der Bildfläche“, erinnert sich Beganovic. Erst nach dem Krieg schaffte es der Verein Schritt, für Schritt seine frühere Integrationsrolle wieder einzunehmen.
Warum das ausgerechnet der FC Krajisnik schaffte? „Weil wir bei uns immer schon die Menschen und die Charaktere in den Vordergrund gestellt haben – und nicht die ethnische Herkunft“, erklärt sich der jetzige Präsident, der in diesem Zusammenhang an seinen früheren Mitstreiter Fikret Sulejmanagic erinnert. „Der hat sehr viel für den Verein getan. Und als er plötzlich verstarb, beschlossen wir, ein Gedächtnisturnier als sein Vermächtnis zu veranstalten.“ Am Samstag werden in der Hauptschule Götzis 700 bis 1000 Menschen, die ihre Wurzeln im ehemaligen Jugoslawien haben, erwartet.
Glückliche Familie
Amir Beganovic hat den brutalen Jugoslawien-Krieg, der 1991 begann, selbst nicht miterlebt. Er kam als Fußballprofi bereits 1989 in die Schweiz. Doch was kurz darauf in seiner Heimat passierte, geht ihm noch heute durch Mark und Bein. „Da haben Brüder auf Brüder geschossen, Familien wurden gewaltsam getrennt. Das war eine Tragödie.“ Erst 1992 kam Beganovic von der Schweiz nach Lustenau, spielte bei der Austria Amateurfußball und etablierte sich beruflich. Erst 1995 kamen endlich seine Frau und seine Tochter aus dem Kriegsgebiet nach Vorarlberg. Später wurde Beganovic Vater einer zweiten Tochter. Der gebürtige Bosnier ist stolz auf seine Kinder. Die ältere Tochter studiert Jus, die jüngere ist im Maturajahr.
Nicht mehr zurück
Aufgegeben hat der 54-Jährige seine Absicht, nach Bosnien in sein Dorf, das nahe der im Krieg lange belagerten Stadt Bihac liegt, zurückzukehren. „Dort sind mittlerweile fast alle Jungen ausgewandert. Ich wüsste nicht, was ich dort tun sollte und habe Österreich längst als meine zweite Heimat entdeckt und gerne angenommen.“
Der FC Krajinsik wird auch heuer den Erlös der Veranstaltung einem wohltätigen Zweck zuführen. „Insgesamt haben wir schon 6000 Euro gespendet“, sagt Amir Beganovic mit großem Stolz.
„Unser Verein schaffte es, alle ethnischen Gruppen Ex-Jugoslawiens zusammenzubringen.“
Zur Person
Amir Beganovic
Geboren 6. Juni 1963
Wohnhaft Lustenau
Beruf Bankangestellter
Familie verheiratet, zwei Töchter
Hobbys Fußball, Gartenarbeit
Lieblingsspeise Nudeln
VN/hartinger