„Ich bin ein Glücksmensch“

Wetter / 25.02.2018 • 19:17 Uhr
„Ich bin ein Glücksmensch“

Georg Seethaler ist 98 Jahre alt, tanzt aber wie ein Jüngling.

Dornbirn Seniorentanz im Gasthof Schwanen in Dornbirn. Georg Seethaler fordert eine grauhaarige Frau zum Tanz auf. Diese lässt sich nicht zweimal bitten. Zu den Klängen einer Liveband wirbelt das Paar leichtfüßig über das Tanzparkett. Wenn man es nicht wüsste, könnte man es nicht glauben: Der Tänzer hat zwei künstliche Knie und eine künstliche Hüfte und ist nur zwei Jahre vom 100. Geburtstag entfernt. Für viele ist der 98-Jährige ein Vorbild. „Man zieht innerlich den Hut vor ihm. Wer in diesem hohen Alter noch so tanzen kann, ist gesegnet“, findet Wolfgang Ties, der Organisator der Tanzveranstaltung. Der „Heesters vom Schwanen“ lässt an diesem Nachmittag keinen Tanz aus. Als er nach drei Stunden mit verschwitztem Haar geht und in sein Auto einsteigt, meint er: „Jetzt freue ich mich auf die Couch. Meine Knie sind weich.“

Mit 60 mit Sport angefangen

Seethaler begann vor zwölf Jahren mit dem Tanzen. Nach dem Tod seiner Frau fühlte sich der vierfache Vater „trotz großer Familie“ einsam. Weil er unter Menschen sein wollte, besuchte er Tanzveranstaltungen. Das gesellige Beisammensein tat ihm gut, ebenso das Tanzen selbst. „Es ist wichtig, dass man sich sportlich betätigt.“ Nach einem Beinahe-Herzinfarkt im Alter von 60 Jahren änderte der ehemalige Revierförster von Dornbirn sein Leben. „Ich habe nicht mehr so viel gearbeitet und mit Sport angefangen.“

Mit seiner Frau machte er ausgedehnte Radtouren. „Wir sind jedes Jahr 4000 bis 5000 Kilometer geradelt und waren in ganz Österreich unterwegs.“ Im Winter ging das Paar gerne skifahren. Seethaler gewann zahlreiche Seniorenrennen. „Meistens ging sich ein Stockerlplatz aus.“ Der Tod seiner Frau traf ihn schwer, auch weil er die gemeinsamen Unternehmungen vermisste. „Es war ein harter Schlag.“ Seither führt der Witwer seinen Haushalt selbst. Trotz seines hohen Alters wäscht und bügelt er, nur beim Putzen unterstützt ihn jemand. Dass es ihm kulinarisch gut geht, dafür sorgt er selbst. „Ich koche mir jeden Tag und achte darauf, dass es immer etwas Gesundes gibt, wie Salat und Gemüse.“ Außerdem bereitet er sich jeden Tag ein Kompott zu. „Ich nehme eine halbe Zitrone, eine halbe Banane und eine halbe Kiwi und mixe die Früchte mit Apfelsaft.“

Fährt noch Auto

Die gesunde Ernährung könnte ein Grund dafür sein, warum er noch so agil ist. Aber auch der Sport hält Seethaler, der das Skifahren erst mit 94 Jahren aufgab, jung. Sein Lebenselixier ist das Tanzen. Pro Woche besucht er mindestens drei Tanzveranstaltungen. Dafür nimmt er sogar lange Wege in Kauf. Denn der Dornbirner tanzt nicht nur in Dornbirn, sondern auch in Lingenau, in Hohenems und in Koblach. Dorthin fährt der vitale Senior mit seinem eigenen Pkw.

Seethaler, der noch mit Petroleumlicht aufwuchs und nur einen einzigen Tanzkurs besucht hat, sieht es nicht als selbstverständlich an, dass er körperlich und geistig noch so fit ist. „Ich bin ein Glücksmensch“, meint der rüstige Mann nicht ohne Demut.

Es würde ihn freuen, wenn er den 100. Geburtstag noch erleben würde. „Aber wenn ich jetzt abberufen werde, bin ich auch nicht beleidigt. Ich weine dem Leben nicht nach und bin bereit zu gehen.“ Gut möglich ist es aber, dass Seethaler auch als Hundertjähriger noch fleißig zum Tanz bittet. VN-kum

„Wenn ich jetzt abberufen werde, bin ich nicht beleidigt.“

Zur Person

Georg Seethaler
ist mit 98 Jahren noch geistig und körperlich so fit, dass er drei Mal in der Woche tanzen gehen kann.

Geboren 9. Februar 1920

Ausbildung Förster

Familie verwitwet, vier Kinder

Hobbys Tanzen, Radfahren

 VN/Paulitsch