25 Besuche pro Tag

Wetter / 25.05.2020 • 18:36 Uhr
„Ich freue mich jeden Tag auf meine Arbeit.“HRJ
„Ich freue mich jeden Tag auf meine Arbeit.“HRJ

Monika Koller versorgt ältere Menschen mit warmen Mahlzeiten.

HÖRBRANZ Herr D. sitzt am Küchentisch und wartet. Er lebt allein in seinem Haus in Hörbranz. Seine Frau starb vor fünf Jahren. Eine Weile hatte sich der 92-jährige Witwer noch selber jeden Mittag eine warme Speise zubereitet. Doch dann ist ihm das zu mühsam geworden. Mittlerweile lässt er sich die Mahlzeiten von „Essen auf Rädern“ zustellen. Monika Koller vom Sozialsprengel Leiblachtal liefert von Montag bis Samstag um halb elf Uhr bei Herrn D. die mit feinen Sachen gefüllten Menüschalen ab und hat zudem immer freundliche, aufmunternde Worte dabei.

Eigentlich ist Monika Koller ausgebildete Schneiderin. Sie wurde 1951 in eine große Bezauer Familie hineingeboren. „Wir waren acht Kinder – vier Mädchen, vier Buben. Ich war das dritte Kind.“ Bis zur Heirat war sie im Bregenzerwald in ihrem erlernten Beruf tätig. Nach der Heirat zog sie nach Hörbranz, zog vier Töchter groß und pflegte nebenbei ihre Eltern und Schwiegereltern in deren Zuhause. Dabei hatte Monika Koller so viel Erfahrung gesammelt, dass sie fähig war, beim Mobilen Hilfsdienst mitzuarbeiten.

Zu Weihnachten 2002 suchte der Sozialsprengel Leiblachtal eine Mitarbeiterin für sein Angebot „Essen auf Rädern“. Monika Koller bewarb sich und wurde gleich eingestellt. „Die Arbeit gefiel mir von Anfang an“, sagt sie. „Ich bin selbstständig, vor allem aber habe ich mit Menschen zu tun.“ Der zwischenmenschliche Kontakt sei intensiv, betont Monika Koller, „auch wenn ich für meine zurzeit 25 Klienten jeweils nur ein paar Minuten Zeit aufwenden kann“. Zu gerne würde sie bei jedem länger, viel länger bleiben. Aber das geht nicht, weil dann einige ihrer Klienten hungern müssten.

Monika Kollers Arbeitszeit beginnt gegen neun Uhr. Sie holt das Lieferauto und fährt zum Josefsheim, der Hörbranzer Altenresidenz. Dessen Küchenteam hat bereits die „Essen auf Rädern“-Mahlzeiten zubereitet und in die speziellen warmhaltenden Menüschalen verpackt. Diese lädt Monika Koller ins Auto. „Dann beginne ich meine Runde.“ Das heißt, sie fährt 25 Haushalte an, stellt die Menüschalen entweder vor die Haustür oder bringt sie in die Küche der Klienten. „Für manche muss ich die Behälter aufmachen, den meisten stelle ich sie geschlossen hin. Jeder isst nämlich dann, wann er will.“ Auch wenn die Zeit knapp bemessen ist, nimmt sie sich bei Bedarf Zeit für ein Schwätzle.

Monika Koller ist zwar seit acht Jahren in Pension, aber weiter beim Sozialsprengel Leiblachtal beschäftigt geblieben. Denn die aktive Seniorin liebt ihre Tätigkeit: „Ich mache das furchtbar gern. Ich freue mich jeden Tag auf meine Arbeit.“ Noch mehr seit letztem Jahr, nachdem ihr Ehemann gestorben ist.

Dann kam Corona. Am Dienstag, dem 10. März, wurde Monika Koller aufgefordert, ihre Arbeit einzustellen. „Ich zähle aufgrund meines Alters zur sogenannten Risikogruppe.“ Sie begab sich in die selbstgewählte Isolation, blieb zu Hause. Ihre jüngste Tochter besorgte ihr alles was sie brauchte.

Seltsam angefühlt

Am Anfang habe sich das seltsam angefühlt, erzählt Monika Koller. „Ich konnte nicht mehr selber entscheiden, wurde also von heute auf morgen unmündig erklärt.“ Zum Glück, räumt sie ein, sei in ihrem Umfeld niemand krank geworden.

Seit 5. Mai darf sie wieder „Essen auf Rädern“ liefern. Die Freude über diese Mitteilung per Telefonanruf am Tag zuvor war groß. Trotzdem hört Monika Koller Ende des Jahres auf. Begründung: „Ich möchte meine Pension und alles was dazu gehört genießen.“ Dazu gehören die fünf Enkelkinder, aber auch ihre vierbeinigen Mitbewohner: drei Katzen, ein Hund. Und sobald es möglich ist, möchte Monika Koller wieder reisen. Das ist ihre Leidenschaft. Sie hat sich Frankreich, Italien und Polen angeschaut, mag den Gardasee und Südtirol, war letztes Jahr in Slowenien. Traumhaft war es. Überall.

Diesen Sommer hätte Monika Koller Ferien in der Wachau geplant. Wegen der Coronakrise wird das jedoch nicht möglich sein. „Dann halt nächsten Sommer.“ HRJ

Zur Person

MONIKA KOLLER

Geboren 4. Juli 1951

Wohnort Hörbranz

Berufe Schneiderin, Sozialarbeiterin

Familie Witwe, 4 Töchter, 5 Enkel