Roboter als Pflegehilfe

Hobbit und Co. können zwar helfen, den Alltag zu bewältigen, Gefühle haben sie jedoch keine.
SCHWARZACH. Der Rumpf ähnelt dem Gerätekörper eines Staubsaugers. Mit seinem Greifarm kann er Obst servieren, aber auch ordentlich zupacken. Unter dem „Kopf“ aus Blech werden Kabel gebündelt. Das Gesicht besteht aus aufgemalten Augen und einem lächelnden Strichmund. Er bewegt sich frei in den Räumen, erkennt dabei Gesichter und fixe Hindernisse. In Kontakt treten kann man mit ihm sprachlich, mit Gesten oder über einen Touchscreen. Er heißt Hobbit und wurde von einem Forscherteam der Technischen Universität Wien entwickelt, mit dem Ziel, älteren Menschen ermöglichen, so lange wie möglich daheim zu leben.
Profi für Sturzmanagement
Mit dem Alter erhöht sich die Gefahr zu stürzen und damit die Folgen, Knochenbrüche zu erleiden. Aus Angst vor Hilflosigkeit in solch einem Fall beschließen ältere Menschen, das Leben in den eigenen vier Wänden aufzugeben und in ein Heim zu ziehen. Die Befürchtung ist begründet, denn Stürze von Personen, die älter als 65 sind, machen mittlerweile etwa 50 Prozent der Krankenhausaufnahmen aus. Um dem entgegenzuwirken, haben die Wissenschafter um Teamleiter Markus Vincze zwei Prototypen eines mobilen Pflegeroboters entwickelt, der sich im Alltag nützlich macht sowie Stürze erkennt und darauf reagiert.
Mit Hilfe von Kameras, Sensoren und einem Greifarm soll Hobbit seine primäre Aufgabe, nämlich das Sturzmanagement, erfüllen. Der Roboter soll zwar sehr schnell „hellhörig“ werden, wenn sich etwas ereignet, das wie ein Sturz oder Kollaps aussieht, Alarm soll er aber nicht gleich schlagen. Ist vermeintlich etwas passiert, versucht Hobbit zuerst mit der Person Kontakt aufzunehmen, indem er sie anspricht. Erhält er keine Rückmeldung, bewegt er sich durch den Raum, um die Situation von verschiedenen Blickwinkeln aus zu beurteilen. Das soll Fehlalarme reduzieren.
Ein Gerät, welches nur dann in Erscheinung tritt, wenn der Sonderfall eines Unfalls eintritt, sei allerdings nutzlos, erklärt Christoph Gisinger, Projektinitiator und Direktor des „Haus der Barmherzigkeit“ in Wien, wo Hobbit neulich seinen ersten öffentlichen Auftritt hatte. Deshalb müsse der Roboter in seiner Funktion als Heim-assistent mehr können, zum Beispiel die Senioren bei Alltagstätigkeiten wie Essen und Telefonieren unterstützen und sie unterhalten. Dazu zählen Musik oder Videos abspielen, Spiele spielen und sogar Witze erzählen. Im Alltag müsse „eine Bindung zu dem Roboter“ entstehen, meint Giesinger. Eine Bindung zu einer Maschine?
Menschliche Zuwendung
„Solch ein Roboter kann zwar verschiedene Tätigkeiten verrichten, aber nicht den Menschen ersetzen“, sagt Kitty Hertnagel. Die Obfrau und Vorsitzende des Mobilen Hilfsdienstes Vorarlberg, sieht dem Einsatz von Pflegerobotern mit Vorbehalt entgegen. „Unsere Helfer(innen) werden täglich mit der Vereinsamung alter Menschen konfrontiert. Darum haben wir unseren Hauptfokus auf die menschliche Zuwendung gerichtet. Ein Roboter kann keine Zuwendung durch Berührung vermitteln und auch keine Gefühle.“ Dazu komme, dass alte Menschen mit der neuen Technologie nicht zurechtkommen und auch schlecht sehen. „Viele tun sich schon schwer, eine neue Fernbedienung zu benutzen. Oder ein Mobiltelefon.“ Für jüngere Behinderte kann sich Kitty Hertnagel den Einsatz eines Roboters eher vorstellen.
„Wenn ein technisches Gerät Hilfestellung sein kann, sollte man es nutzen, aber die Betreuung von ausgebildetem Pflegepersonal wird ein Pflegeroboter nicht abnehmen können“, ist die Meinung des Landesobmanns der Hauskrankenpflege Vorarlberg, Herbert Schwendinger. „Voraussetzung ist, dass die betroffenen Personen fähig sind, dieses Gerät auch zu bedienen. Solch ein Pflegeroboter muss jedenfalls für die nächsten 20 Jahre sehr einfach gestaltet sein, denn die jetzige Generation der Alten hat nicht die nötige Erfahrung mit der Computertechnik.“
Noch ist der Pflegeroboter Zukunftsmusik. Laut Markus Vincze brauchen er und sein Team für Hobbits Weiterentwicklung noch mindestens Zeit bis Februar 2014, um ihn dann in Ein-Personen-Haushalten von über 70-Jährigen zu testen. Bis zur Marktreife werden dann noch ein paar Jahre vergehen. Dann sollte Hobbit um höchstens 5000 Euro zu erwerben sein.
Solch ein Roboter kann zwar verschiedene Tätigkeiten verrichten, aber nicht den Menschen ersetzen.
Kitty Hertnagel