Nagen, graben, bauen: Die Biber sind wieder da

Vor 300 Jahren abgewandert, sind die Nager nun zurückgekehrt.Nicht zu aller Freude.
SCHWARZACH. Lange Krallen an den Fingern, Schwimmhäute zwischen den Zehen der Hinterbeine, riesige Schneidezähne, Knopfaugen.
Der Körper ist mit einem dichten Pelz eingehüllt. Der Biber ist nach dem Wasserschwein das zweitgrößte lebende Nagetier der Erde.
Eine Biberfamilie besteht aus dem Elternpaar und zwei Generationen von Jungtieren, die zusammen in der kunstvoll gebauten Biberburg leben. Das Revier einer Familie umfasst eine bis drei Kilometer lange Flussstrecke.
Gepaart wird im Winter, der Nachwuchs kommt im Mai zur Welt. Die Biberbabys sind schon von Geburt an behaart und können sehen.
Als semiaquatisches Säugetier – es lebt sowohl im Wasser als auch am Ufer – muss sich der Biber möglichst rasch an das Nass gewöhnen. Darum werden sie von der Mutter gleich mal ins Wasser geschubst.
Von den Eltern vertrieben
Zwei Monate lang werden die Biberkinder von der Mutter gesäugt. Die Geschlechtsreife erlangen sie im Alter von drei Jahren. Doch schon als Zweijährige müssen sie selbstständig werden und ein eigenes Revier gründen. Weil die Kinder Hotel Mama nicht freiwillig verlassen, werden sie von den Eltern vertrieben. Und so begeben sich die jungen Nagetiere auf die Wanderschaft, um einen Partner und ihr neues Revier zu finden. Die durchschnittliche Wanderstrecke liegt bei 25 Kilometer. Ist ein passendes Revier geortet, werden die Grenzen mit dem sogenannten „Bibergeil“ – einem öligen Sekret aus einer Drüse im Afterbereich – markiert und auf diese Weise gegen Eindringlinge verteidigt. Der Biber ist ein Pflanzenfresser. Auf seinem Speiseplan stehen Kräuter, Sträucher, Wasserpflanzen sowie Zweige, Astrinde und Blätter von Laubbäumen. Um an diese Nahrungsmittel ranzukommen, fällt der Nager Bäume. Und das mit bewundernswerter Schnelligkeit und Präzision.
Winterschlaf hält der Biber keinen, sondern nur eine Art Winterruhe. Dafür lagert er seinen Nahrungsvorrat direkt vor seiner Behausung.
Rückkehr der Nagetiere
Vor über 100 Jahren ist der Biber aus Österreich verschwunden. Laut österreichischem Naturschutzbund hat er in den vergangenen drei Jahrzehnten begonnen, das einst von ihm bewohnte Gebiet zurückzuerobern. Ursprünglich ein Bewohner strukturreicher Auwälder mit langsam fließenden und stehenden Gewässern, besiedelt er nun auch Gewässer in der Kulturlandschaft, die er entsprechend seinen Anforderungen „gestaltet“ und damit zur ökologischen Vielfalt beiträgt. „Aber mit ihrer intensiven Bautätigkeit macht die inzwischen auf mehrere Tausend Tiere angewachsene österreichische Biberpopulation nicht alle glücklich“, berichtet die Bundesgeschäftsführerin des Naturschutzbundes, Birgit Mair-Markart. „Vor allem Grundbesitzer beklagen sich, dass der Biber Bäume fällt oder Uferbereiche untergräbt.“
Die Biberkoordinatorin
Das sei auch in Vorarlberg so, bestätigt der als Berater in der inatura tätige Biologe Klaus Zimmermann. „Mittlerweile ist der Biber wieder aus der Schweiz und Deutschland zugewandert.“ Die meisten finde man am Bodensee, in Hard und Fußach. Auch am Alten Rhein in Höchst und Gaißau seien die Nager wieder ansässig geworden, und in Meiningen am Neuen Rhein. „Um in Vorarlberg Probleme zwischen Menschen und Bibern zu vermeiden, wurde die Stelle einer Biberkoordinatorin eingerichtet“, informiert Zimmermann, denn töten dürfe man diese geschützten Tiere nicht. Besetzt wurde die Stelle mit der Biologin Agnes Steininger, erreichbar über die E-Mail–Adresse agnes.steininger@gmail.com.
Birgit Mair-Markart hat im Namen des Naturschutzbundes nur einen Wunsch: „Mehr Toleranz gegenüber der Rückkehr dieses Baumeisters der Landschaft“.
Mittlerweile ist der Biber wieder aus der Schweiz und Deutschland zugewandert
Klaus Zimmermann, Biologe