Wolf: Uralte Feindschaft von Mensch und Natur

„Isegrim“ ist ein Tier der Superlative, sagt der bekannte Wolfsforscher Erik Zimen.
Schwarzach. Dass Wölfe wieder auf dem dicht besiedelten europäischen Kontinent leben, jagt vielen Menschen Schrecken ein. War die „Ausrottung“ dieser Raubtiere doch keine Kulturtat? „Es gibt viele Gebiete, in denen diese großen Beutegreifer wieder in unmittelbarer Nachbarschaft leben. Die Abruzzen, unweit östlich von Rom, sind ein solches Gebiet“.
Extrem anpassungsfähig
Der inzwischen verstorbene, anerkannteste Wolfsforscher Buchautor und Dokumentarfilmer Erik Zimen hat Standardwerke herausgebracht, die heute noch der Wissenschaft als Grundlage dienen. Er erklärt die unbegründete Angst vor diesem Tier und die Ursachen einer langen Feindschaft zwischen Jägern, Bauern und Wolf. Für ihn ist der Wolf „ein Tier der Superlative: „Kein Tier wurde so lange gefürchtet und gehasst wie der wilde Wolf, keines so geliebt wie sein zum Nutztier gezüchteter oder abgerichteter Nachfahr, der Hund. Erik Zimen, gebürtiger Schwede, war Verhaltensforscher und u.a. Mitarbeiter von Konrad Lorenz am Max-Planck-Institut.
Abgesehen vom Menschen, hatte der Wolf unter allen Säugetieren die größte natürliche Verbreitung. 70 Millionen Quadratkilometer besiedelte er, mehr als die Hälfte der Erd-Gesamtoberfläche. Alle Gebiete hat er flächendeckend genutzt und in jeder Form von Land-Ökosystemen gelebt.
Ganz seiner Potenz entsprechend, zeigt der Wolf auch die größte Unterschiedlichkeit aller Tierarten. Die Bilder werden dennoch fast überall von der Vorstellung überlagert, der Wolf sei eine gefährliche Bestie, die wahllos Vieh, Frauen und Kinder anfalle. Im Alpenraum, auch in Vorarlberg, werden seit dem Auftreten heftige Auseinandersetzungen darüber geführt, wie man mit den wenigen „Durchläufern“, die Wild und Schafe gerissen haben, in Zukunft umgehen soll.
Die länderübergreifende Koordinierungsstelle für den Braunbären, Luchs und Wolf (KOST) ist am Forschungsinstitut für Wildtierkunde (FIWI) der Veterinärischen Universität Wien angesiedelt. Leiter Georg Rauer: „Wir sind sehr aktiv und beobachten die Entwicklung genau. Sobald der männliche Wolf ein Weibchen gefunden hat, kommt es zur Rudelbildung. Wie wir mit den noch vereinzelten, aber aus allen Himmelsrichtungen zuwandernden Beutegreifern umgehen, erfordert politische Entscheidungen.“
Das FIWI beteiligt sich daran mit wildbiologischer Expertise, die Entscheidungsträger brauchen. Die KOST ist ein Gremium aus Vertretern des Umweltministeriums, der Landwirtschaftskammer, der Jagdrechts- und Naturschutzabteilungen der Länder, des WWF, der Zentralstelle der Landesjagdverbände, der Land & Forst Betriebe Österreich, und den Bärenanwälten, bzw. Wolfsbeauftragten der Länder.
Mythos und Realität
Wenn Wölfe in einer Kulturlandschaft wie Mitteleuropa leben, kommen sie zwangsläufig in engen Kontakt mit Menschen. Der Mythos vom Tier, das unberührte Wildnis und weiträumig menschenleere Gebiete braucht, wird von der Realität überholt. Es gehört zum normalen Verhalten, wenn Wölfe auch tagsüber von bewohnten Gebäuden aus gesehen werden, nachts gelegentlich Dörfer durchqueren und nach unzureichend geschützten Nahrungsgütern des Menschen, besonders Schafen, greifen.
Die Erfahrung zeigt, dass ein solches Verhalten keine erhöhte Gefährdung des Menschen darstellt, und Schäden durch Wölfe mittels Vorsorgemaßnahmen erfolgreich begrenzt werden können.