Supernova vor der Haustür?

Stern Beteigeuze Kandidat für Megaexplosion, aber nicht gleich.
Schwarzach Wer gegenwärtig am Abend gegen zehn nach Südwesten zum Himmel schaut, wird den Orion erblicken, ein großes Sternviereck mit einer charakteristischen Kette von drei Sternen in der Mitte – das ist der Gürtel des Himmelsjägers. Neben dem Großen Wagen ist Orion das am leichtesten erkennbare Sternbild. Sein „linker“ Schulterstern leuchtet leicht rötlich, heißt Beteigeuze und macht Medien seit ein paar Monaten nervös. Sein Licht ist nämlich zweieinhalb mal schwächer als sonst. Na und?
Zehn Millionen Jahre alt
Beteigeuze ist kein „normaler“ Stern. Er ist tausendmal größer als unsere Sonne und würde an ihrer Stelle weit über den Jupiter hinausreichen, alle inneren Planeten, auch die Erde, lägen innerhalb des Sterns. Er hat die zwanzigfache Masse der Sonne, erzeugt aber 55000 Mal so viel Energie. Und er ist erst zehn Millionen Jahre alt, die Sonne dagegen viereinhalb Milliarden Jahre. Und seit Oktober letzten Jahres nimmt seine Helligkeit so stark ab wie noch nie, seit er beobachtet wird. „Rote Überriesen“ wie Beteigeuze fangen an zu flackern, wenn sie an ihr Lebensende kommen – und das dürfte mit zehn Millionen Jahren recht nahe sein. Grund ist die Masse-Leuchtkraft-Beziehung der Astrophysik. Danach hat ein Stern mit der doppelten Masse unserer Sonne die 11-fache Energieproduktion, mit zwanzigfacher Masse die 35.000-fache. Beim Beteigeuze ist es sogar noch mehr. Wer so stark strahlt, verbraucht den Brennstoff auch sehr schnell. Ein Stern ist ja nichts anderes als eine riesige, dauernd explodierende Wasserstoffbombe.
Ist der Wasserstoff verbraucht, wird Helium fusioniert, dann entstehen schwerere Element, Kohlenstoff zum Beispiel. Beim Eisen ist Schluss, die Fusion kommt zum Erliegen. Der Stern geht dann nicht einfach aus, sondern explodiert. Man nennt das „Supernova“. Er strahlt dann eine Zeitlang heller als die zweihundert Milliarden anderen Sterne in unserer Galaxis – zusammen!
Hell wie der Vollmond
Wie das im Einzelnen vor sich geht, wird noch nicht völlig verstanden, deshalb ist das genaue Ende schwer vorauszusagen. Es kann in 100.000 Jahren so weit sein. Oder in 10.000. Oder morgen Nachmittag. Ich sage Nachmittag, weil man es in entsprechenden Weltgegenden auch am hellen Tag sehen würde, in der Nacht würde Beteigeuze so hell wie der Vollmond, ein paar Wochen lang, vielleicht Monate. Gefährlich? Nein. Beteigeuze ist etwa 500 Lichtjahre entfernt, das ist auch gut so; wäre er nur 50 Lichtjahre weg, wäre das Leben auf der Erde bedroht. Die Supernova im Orion wäre die erste in unserer Milchstraße seit 1604, die damals von Johannes Keppler beobachtet wurde, alle anderen fanden seither in weit entfernten Galaxien statt. Die jetzige Helligkeitsabnahme des Beteigeuze könnte freilich auch auf interne Störungen zurückzuführen sein. – Möge sein rötliches Leuchten noch lang den Winterhimmel schmücken!