Ein Kraftwerk besonderer Art

Wissen / 03.04.2020 • 17:35 Uhr
Eine ideale Turmhöhe liegt bei 1200 Metern, bei noch höheren Türmen sinkt der Kühleffekt durch das eingespritzte Wasser.Wikicommons/ Rollin Jewett
Eine ideale Turmhöhe liegt bei 1200 Metern, bei noch höheren Türmen sinkt der Kühleffekt durch das eingespritzte Wasser.Wikicommons/ Rollin Jewett

Wie man Fallwind erzeugt – und damit Strom.

Schwarzach Das so genannte Aufwindkraftwerk habe ich in dieser Reihe schon vorgestellt. Der Aufbau dieser erstaunlichen Maschine ist simpel. Ein riesiges, kreisrundes Glasdach mit einigen Kilometern Durchmesser, fünf Meter über dem Boden, an den Rändern offen. Die Luft unter dem Dach wird durch die Sonneneinstrahlung warm und strömt in die Mitte: dort erhebt sich ein hoher Kamin, mindestens einen Kilometer hoch, ein paar Hundert Meter Durchmesser. Am Kaminfuß ist eine Windturbine mit senkrechter Achse eingebaut. Durch den Auftrieb steigt die warme Luft nach oben, der beachtliche Luftzug treibt die Turbine, und die einen Stromgenerator. Ein Versuchskraftwerk im südspanischen Manzaneres, gleichsam eine Miniversion mit einem 195 Meter hohen Turm, lieferte immerhin 50 Kilowatt. Ein großes Exemplar mit Megawattleistung wurde noch nirgendwo realisiert. Die Ingenieure haben aber schon weiter gedacht. Ein Nachteil des Aufwindkraftwerks ist der riesige Flächenverbrauch für das Glasdach. Der fällt weg, wenn die Luft im Turm nicht nach oben, sondern nach unten strömt, das nennt man dann ein Abwind- oder Fallwindkraftwerk. Warum soll die Luft das tun? Weil sie im Turm schwerer ist als außen; und das wird sie, wenn man am oberen Rand des Riesenkamins genügend kaltes Wasser durch Düsen einspritzt. Das Wasser verdunstet sofort, dafür braucht es Energie, die es der Luft entzieht, die wird dadurch kälter. Man braucht eine ganze Menge Wasser, für sechs Kilowattstunden Strom einen Kubikmeter.

Nach oben gepumpt

Es muss daher Meerwasser sein, weshalb man diesen Kraftwerks­typ ausschließlich an den Küsten heißer Wüstengegenden errichten kann. Ein Blick in den Atlas zeigt, dass an solchen Gebieten auf der Erde kein Mangel herrscht. Das Meerwasser muss nach oben gepumpt werden, dafür geht ein Drittel des erzeugten Stroms drauf, spielt aber keine Rolle, denn der Antrieb der dieser Strömungsmaschine erfolgt taxfrei durch die Sonne. Von oben strömt ständig heiße Luft nach, wieder wird Wasser eingespritzt und so fort – es entsteht im Kamin ein mächtiger Fallwind, der ganz unten, wo die Luft wieder austreten kann, natürlich eine Turbine treibt und Strom erzeugt. Rund um den Fallwindturm entsteht eine sechs Kilometer große Zone mit feuchter, kühler Luft, die in der Nacht erheblich Tau ausscheidet und sogar Landwirtschaft möglich macht. Eine ideale Turmhöhe liegt bei 1200 Metern, bei noch höheren Türmen sinkt der Kühleffekt durch das eingespritzte Wasser. Man rechnet mit einer Abkühlung bis zu zwölf Grad und ein einer Abwindgeschwindigkeit von 20 Meter pro Sekunde, das ist wenig, aber wie das Aufwindkraftwerk funktioniert die Abwindvariante nicht durch die Geschwindigkeit, sondern durch den Druckunterschied der Luftmassen. Leistung so eines Turms: rund 400 Megawatt, 3 Cent pro Kwh. Gebaut hat man es noch nirgends.