Gefährliche Begegnungen?

Wissen / 30.10.2020 • 12:31 Uhr
Eine astronomische Einheit ist der Abstand Erde–Sonne. AFP
Eine astronomische Einheit ist der Abstand Erde–Sonne. AFP

Sterne kommen sich näher – wenn man Geduld hat.

schwarzach Beim Blick in den Himmel staunt man oft über die Zahl der Sterne – wenn die Nacht dunkel genug ist. Je dunkler, desto mehr Sterne werden sichtbar. Beim Blick durch ein Teleskop (es genügt ein kleines) explodiert die Zahl, „Sterne wie Staub“ – Titel eines Romans von Isaac Asimov.

Wenn man dann erfährt, dass die sich im Widerspruch zur Bezeichnung „Fixstern“ alle bewegen, kommen bange Fragen auf: Stoßen die nicht manchmal zusammen? „Fix“ erscheinen sie ja nur von der Erde aus aufgrund der großen Entfernungen. Buchstäblich auf den ersten Blick beantwortet sich die Frage von selbst: Wenn ich in Jahrhunderten der Beobachtung nur minimale Bewegungen feststellen kann, ist die Gefahr eines Zusammenstoßes wohl zu vernachlässigen. Oder? – Die Sache ist nicht so einfach.

Ein „Frontaler“ zweier Sterne ist wohl ausgeschlossen – für Wirkungen auf das Planetensystem eines Sterns genügt es allerdings, wenn sich zwei Sterne auch nur nahe kommen. Darüber wurde kürzlich in der Fachpresse berichtet. Nähert sich ein Stern einem anderen genügend an, kann er dessen Planetensystem stören; statt fast kreisförmiger Umlaufbahnen gibt es dann elliptische. Mit kurzen Sommern und jahrelangen Wintern. Oder ein Planet wird durch die Schwerkraft des Störenfrieds überhaupt von seinem Muttergestirn losgerissen und in die Weiten des Alls katapultiert. Dort ist der Winter dann ewig … wie groß ist die Gefahr? Das hat man ausgerechnet.

Bleibt der Besucher 1000 astronomische Einheiten von der Sonne weg, droht keine Gefahr.

Eine astronomische Einheit ist der Abstand Erde-Sonne. Verkleinerung um den Faktor eine Billion macht es anschaulich. Aus den realen 150 Millionen Kilometern machen wir 15 Zentimeter, die 1000 Einheiten sind dann 150 Meter. Der nächste Stern ist in diesem Modell übrigens 37 Kilometer entfernt. Mittlere Geschwindigkeit der Sterne in unserem Sektor der Milchstraße: ca. 6 Meter im Jahr. Im Modell! Alles Paletti? Für uns momentan schon. Anders wird das Bild, wenn man geologische Zeiträume betrachtet. Die Entwicklung des Lebens auf der Erde hat etwa 3,5 Milliarden Jahre gedauert. Berechnungen ergaben: Die Mehrzahl der Sterne hat pro Milliarde Jahre eine Begegnung im Sicherheitsabstand. Und darunter? Das ist wichtig. Sinkt der Abstand von 1000 astronomischen Einheiten auf 100, fliegen nämlich 60% der Planeten aus dem System, die anderen 40% haben hirnrissige Umlaufbahnen – da entwickelt sich kein Leben. Und wie häufig ist dieser fatale Fall? Innerhalb von 3,5 Milliarden Jahren haben fast 60% der Sterne eine so gefährliche Umgebung mit einem Nachbarn. Unserer Sonne ist das erspart geblieben – sonst gäb`s uns gar nicht … aber keine Angst: für die nächsten paar Millionen Jahre steht keine Begegnung mit einem anderen Stern auf dem Plan!