Gefährliche Reisen

Wissen / 12.02.2021 • 12:29 Uhr

Der Mars – eine „No-go-Area“?

Schwarzach Die gegenwärtigen Verschwörungstheorien sind nicht die ersten, die viele Menschen umtreiben. Schon bald nach der ersten Mondlandung kamen Gerüchte auf, das alles sei ein großer Schwindel, man habe die Landung in einem Filmstudio gedreht usw. Damit wollen wir uns hier nicht befassen. Interessant ist die Begründung mancher Skeptiker, warum die Landung auf dem Mond nicht stattgefunden haben könne: die Röntgenstrahlung dort sei viel zu hoch für Menschen. Das stimmt zwar nicht, aber Strahlen aller Art gibt es schon im Weltall. Bei einem Kurzbesuch auf dem Mond spielen sie keine große Rolle, anders sieht es aus, wenn man sich dort ansiedeln will, es gibt ja Pläne für eine permanent besetzte Mondstation. Die Strahlung besteht zum großen Teil aus ungeheuer schnellen Ionen, also geladenen Atomkernen. Sie stammen aus den Tiefen des Alls, sind Überreste von Sternexplosionen in der Milchstraße. Treffen sie auf lebendes Gewebe, entstehen zum Teil erhebliche Schäden.

Darauf hat die Strahlenbiologin Christine Hellweg vor kurzem aufmerksam gemacht. Die Lage ist beunruhigend. Schon beim Aufenthalt in der Internationalen Raumstation bekommt man 250 Mal so viel ionisierende Strahlung ab wie auf der Erde, die Belastung für einen Astronauten ist zwölfmal höher als der Grenzwert für Angestellte in einem Atomkraftwerk. Bis jetzt sind allerdings keine statistisch signifikant höheren Krebsraten aufgetreten. Das wird sicher anders, wenn man sich weiter von der Erde und ihrem schützenden Magnetfeld entfernt. Eine Reise zum Mars (hin und zurück), wird mit drei Jahren veranschlagt, die meiste Zeit davon verbringt man im Flug. Die Belastung ist dreimal höher als auf der ISS, auf dem Mars selber ist es auch nicht sicher, weil dieser Planet kein Magnetfeld hat, das die Teilchen ablenken würde. Abhilfe? Materie zwischen dem menschlichen Körper und dem Weltall. Eine Modellrechnung geht von eineinhalb Zentimeter dickem Aluminiumblech und zusätzlich einer zehn Zentimeter dicken Wasserschicht aus. Pro Quadratmeter Außenhülle des Raumschiffs wären das 140 Kilo extra – selbst dann steigt das Krebsrisiko auf 4,5 %, was als nicht akzeptabel gilt.

Bewegungsenergie

Die Einheit für die Strahlung heißt „Sievert“ – man absorbiert ein Sievert, wenn pro Kilo Körpergewicht eine Energiemenge von einem Joule aufgenommen wird. Bei vier Sievert innerhalb kurzer Zeit stirbt die Hälfte der Bestrahlten innerhalb eines Monats. Das entspricht etwa der Bewegungsenergie einer Pistolenkugel; sie wird aber nicht auf einen Punkt abgegeben, sondern auf den ganzen Körper verteilt und verursacht spezifische Schäden am Gewebe und am Erbgut. Man könnte dagegen vielleicht auch ein eigenes Magnetfeld um das Raumschiff erzeugen, dazu braucht man viel Strom – von einem Atomreaktor. Das gibt es ein hübsches Sprichwort: Den Teufel mit Beelzebub austreiben . . .