„Musik gehörte schon immer zu meinem Alltag“

Mezzosopranistin Judit Scherrer ist demnächst als Annina in „La Traviata“ zu sehen.
War es schon immer Ihr Wunsch, Sängerin zu werden?
Judit Scherrer: Ich bin mit der Musik groß geworden. Wir waren zu Hause fünf Kinder, und meine Eltern haben mit uns schon von klein auf sehr viel musiziert. Musik hat bei uns also zum Alltag gehört, für mich hat sich darum nie die Frage gestellt, ob ich Sängerin werden möchte, es war einfach immer klar, dass ich eines Tages singen werde. Mein Vater war außerdem Leiter des Kirchenchors in unserem Dorf und meine Geschwister und ich haben dort mitgesungen und sind so schon sehr früh mit diesen Mozart-, Haydn- und Schubert-Messen in Berührung gekommen. Das hat mich geprägt. Gemeinsam mit meinen Geschwistern habe ich dann auch schon früh in Form eines Ensembles Konzerte gegeben, da war meine älteste Schwester gerade neun Jahre alt. Aus diesem Grund habe ich mich dann auch erst später für ein Musikstudium entschieden.
Warum haben Sie sich für das Operngenre entschieden?
Scherrer: Habe ich eigentlich nicht. Es ist eher so, dass, wenn man klassische Sängerin ist, man in viele verschiedene Richtungen gehen kann. Ich habe mich in Amsterdam bei meinem zweiten Studium auf Kunstlied spezialisiert, und so mache ich eigentlich mehr Kirchen- und Oratorienmusik, Liederabende usw. Oper mache ich gar nicht so viel, vielleicht einmal im Jahr.
Könnten Sie sich auch ein anderes Musikgenre für sich vorstellen?
Scherrer: Nein, der klassische Zweig hat mich schon immer fasziniert, schon von klein auf. Ich kann mich noch gut erinnern, als wir kleine Kinder waren, wie wir immer ganz beeindruckt beim Plattenspieler saßen, wenn mein Vater „Die Zauberflöte“ abgespielt hat. Da ist mir noch eine witzige Anekdote in Erinnerung: Ich weiß nicht mehr, welche Schwester von uns das war, wahrscheinlich die Jüngste. Sie konnte noch nicht erfassen, was da läuft, und immer wenn die Königin der Nacht ihren Auftritt hatte, rief sie: „Oh, der Zug kommt.“ (lacht) Durch die Höhe der Stimme hat es für sie so geklungen. Das ist eine der ersten Erinnerungen, die ich an die klassische Musik habe.
Sie sind demnächst im Landestheater Bregenz als Annina in „La Traviata“ zu sehen und zu hören. Was gefällt Ihnen an dieser Rolle?
Scherrer: Es ist keine große Rolle in „La Traviata“, und doch ist die Annina viel auf der Bühne. Sie umsorgt die Hauptdarstellerin Violetta, und das gefällt mir sehr. Ich habe schon vor einigen Jahren eine ähnliche Rolle im Festspielhaus gesungen, das war bei Puccinis „Madame Butterfly“, da war ich die Suzuki, eine Geisha, und das war eine ähnliche Rolle. In „La Traviata“ ist es ja so, dass die Violetta unsterblich verliebt ist und die Annina teilt dieses Leid einfach mit ihr.So etwas liegt mir, das mache ich gerne.
Wie lange muss man eine Rolle eigentlich proben, bis sie sitzt?
Scherrer: Das braucht schon Zeit. Es fängt damit an, dass man zuerst einmal die ganze Rolle, die ganzen Texte lernen muss. Das dauert schon viele, viele Stunden. Es geht ja nicht nur darum, dass man die eigene Rolle lernt, man muss auch die anderen Rollen auswendig können, damit man weiß, wann man dran ist. Wenn jeder den Text beherrscht, kommt man zusammen, und dann wird szenisch gearbeitet. Also fünf, sechs Wochen braucht man sicher, bis alles passt. Es steckt sehr viel Arbeit dahinter, aber es macht auch sehr viel Spaß.
Vergangene Woche war die Hauptdarstellerin Tatjana Larina erkrankt und die Probe musste ausfallen. Ist das ein Problem für alle Mitwirkenden, wenn einer der Darsteller kurzfristig ausfällt?
Scherrer: Ein Problem ist es nicht. Da kommt mein Motto zum Tragen: „In der Ruhe liegt die Kraft.“ Am besten man bleibt ruhig und macht sich nicht zu viele Sorgen. Es wird schon alles gut. Wenn man keine Ruhe bewahrt, bekommt man Panik, und diese Panik kann viel kaputtmachen.
Wie sieht Ihr Gesangstraining aus, wie oft machen Sie das?
Scherrer: In Zeiten, in denen ich viel singen muss, mache ich das tagtäglich. Das läuft dann meist so, dass ich erst meinen Sohn in die Schule bringe, dann fahre ich in die Musikschule, dort habe ich mein Zimmer, wo ich ungestört üben kann. Zuerst singe ich meine Stimme warm. Dann geht’s ans Üben und gewisse Sachen lernen, und so sieht dann jeder Vormittag aus.
Welche Oper würde Sie gesanglich besonders reizen?
Scherrer: Nichts Spezielles. Was ich sehr mag, sind Mozart-Opern . Diese leichte Mozart-Musik gefällt mir einfach. Eine Rolle, die ich sehr gern spiele, ist die des Cherubino in Figaros Hochzeit, solche Rollen mag ich sehr. Aber auch viele andere Rollen. . .
Zur Person
Judit Scherrer
Geboren am: 30. 6. 1971
Wohnort: Wangen im Allgäu
Familienstand: getrennt lebend, ein Sohn (Elias)
Lebensmotto: In der Ruhe liegt die Kraft
,,La Traviata“ feiert am
13. Februar um 19.30 Uhr Premiere am Landestheater Bregenz.
Weitere Vorstellungen: 15., 17., 21., 23., 25., 27. Februar, 1., 3., 5. März.
Karten: www.v-ticket.at