Bereichernder Sozialdienst in Israel

Seit 2019 gibt es das Projekt Understanding Israel.
Jerusalem Zentraler Treffpunkt der abrahamitischen Religionen, erfolgreiche Start-Up-Nation, Mittelpunkt eines seit Jahrzehnten ungelösten Konflikts; Wüste und Schnee, Berge und weite Ebenen, drei verschiedene Meere – all das ist Israel, ein Land, kleiner als Österreich, in dem viele Kulturen aufeinanderprallen und miteinander verschmelzen. Gleichzeitig ist es ein ganz normales Land, das genauso gut an der europäischen Mittelmeerküste liegen könnte. Ein Land, zu dem wir als Österreicher eine ganz besondere historische Beziehung haben, mit dem viele aber trotzdem überwiegend negative Bilder aus den Nachrichten verbinden.
Um das zu ändern und um Israel in seiner Komplexität greifbarer zu machen, gibt es seit 2019 das Projekt Understanding Israel des Vereins Österreichischer Auslandsdienst. Auch im nächsten Jahr, ab September 2020, haben bis zu zwanzig junge Österreicherinnen und Österreicher die Möglichkeit, sich für ein Jahr als Freiwillige in Kindertagesstätten oder einem Rehabilitationszentrum zu engagieren. Zusätzlich zur intensiven Vorbereitung in Österreich mit einem Seminar im Sommer werden die SozialdienerInnen vor Ort von der israelischen Partnerorganisation Israeli Volunteer Association (IVA) betreut und haben die Möglichkeit, in ganz Israel an spannenden Seminaren teilzunehmen. Von der IVA wird ihnen auch eine Unterkunft zur Verfügung gestellt, die sie sich mit anderen internationalen Freiwilligen teilen. Vom österreichischen Verein bekommen sie ein monatliches Taschengeld.
Acht Sozialdiener
Dieses Jahr sind bereits acht SozialdienerInnen im Einsatz. Drei junge Männer leben etwa zwanzig Kilometer nördlich von Tel Aviv in Ra’anana, wo sich auch das Loewenstein-Rehabilitation-Center befindet. Fünf junge Frauen leisten ihren Sozialdienst in verschiedenen Na’amat-Kindertagesstätten direkt in der Mittelmeermetropole. Eine davon ist Sara Hummel, die mit Kleinkindern zwischen sechs Monaten und eineinhalb Jahren arbeitet. Dort ist sie unter anderem dafür zuständig, die Kreativität der Kinder beim Basteln und Musizieren zu fördern. „Mein großes Hobby war immer schon das Singen, das möchte ich in diesem Jahr auch meinen Schützlingen vermitteln”, erzählt die 19-Jährige. „Es ist so schön zu sehen, wie sich alle Kinder mit jedem Tag weiterentwickeln.“ Die Sozialdienerinnen unterstützen die Pädagoginnen in ihrer Arbeit und begleiten die Kinder in ihrer individuellen Entwicklung. Vor allem wollen sie den Kindern ein liebevolles und herzliches Umfeld bieten. Auch Monika Messner hat ihre Kinder schnell sehr ins Herz geschlossen. „Am Anfang wird man schon ein bisschen ins kalte Wasser geworfen“, gibt die 20-Jährige zu, „aber ich habe mich schnell eingelebt. Die Arbeit in der Kindertagesstätte ist sehr bereichernd. Besonders schön ist es, wie sich die Kinder schon nach kurzer Zeit richtig freuen, wenn sie mich am Morgen in den Raum kommen sehen.“ Zusätzlich zu ihrer Haupttätigkeit organisiert sie gemeinsam mit dem Vereinskollegen Manuel Neumayer monatliche Online-Konferenzen, in denen ein Austausch zwischen den aktuellen und den zukünftigen AuslandsdienerInnen stattfindet. Außerdem werden dort inhaltliche Themen behandelt, wie beispielsweise israelische Politik, aktuelle Ereignisse und Israels Beziehungen zu anderen Ländern. Manuel Neumayer ist einer der drei jungen Männer, die ihren Sozialdienst am Loewenstein-Rehabilitation-Center als Zivilersatzdienst leisten. „Wer zwischen Schule und Studium nach etwas Sozialem sucht, ist beim Loewenstein an der richtigen Adresse“, berichtet der 19-jährige über seine Arbeit. Eine seiner Haupttätigkeiten ist die Koordination zwischen PatientInnen und TherapeutInnen. Außerdem darf er schwer beeinträchtigte PatientInnen selbstständig und individuell behandeln; eine Erfahrung, die ihm besonders viel bedeutet. „Ich habe hier Menschen mit unglaublichem Biss und Willensstärke kennengelernt. Das alleine hat dieses Jahr sehr bereichernd für mich gemacht“.
Gehen oder bleiben?
Für sechs AuslandsdienerInnen fand das Jahr in Israel, zumindest vorläufig, ein plötzliches Ende. Überrascht durch die Coronakrise, standen plötzlich alle vor der Entscheidung: Nach Hause zurückkehren oder in Israel bleiben, obwohl es bald keine Flüge mehr gibt und damit jede Möglichkeit heimzukommen verfällt? Zwei haben sich dazu entschlossen, trotzdem in Israel zu bleiben, die übrigen flogen sehr überstürzt nach Österreich zurück, hoffen allerdings, noch vor Ende ihres Dienstes zurückkehren zu können. Jetzt beschäftigen sich die SozialdienerInnen für den Verein oder engagieren sich freiwillig in Österreich.

Information
Bereits seit 1992 besteht für junge Österreicher die Möglichkeit, anstelle von Präsenz- oder Zivildienst einen Gedenkdienst im Ausland zu leisten, bei dem man sich an unterschiedlichen Stellen mit der Aufarbeitung des Holocaust beschäftigt. Daraus entwickelte sich der Verein Österreichischer Auslandsdienst, der mittlerweile auch Frauen entsendet und zusätzlich Sozial- und Friedensdienst anbietet.
Bis 31. April besteht für junge Interessierte noch die Möglichkeit, sich über den Verein Österreichischer Auslandsdienst für dieses spannende Projekt zu bewerben.