“Wir können wieder aussuchen”

Verschiedenste Maßnahmen halten Arbeitsplätze in Landesspitälern interessant.
feldkirch. Geld allein macht offenbar doch nicht glücklich. Diese Erkenntnis hält verstärkt auch in den Gesundheitsberufen Einzug. Mehr als das, was monatlich der Gehaltszettel auswirft, zählen heutzutage die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie eine geregelte Freizeit. Nur auf diese Weise können speziell Krankenhäuser das erforderliche Personal rekrutieren.
Was macht aus Ihrer Sicht einen Top-Arbeitsplatz aus?
Fleisch: Eine gute Kombination aus Förderung und Forderung ist meines Erachtens die Grundlage für einen tollen Arbeitsplatz. Wichtig ist, dem Mitarbeiter Perspektiven und die Selbstwahrnehmung zu geben, ernst genommen und von der Gesellschaft gebraucht zu werden. Ideal wäre natürlich das Grundgefühl „i gang gern ga schaffa“, perfekt auch, wenn der Mitarbeiter nicht nur an die Tagesarbeit denkt, sondern für ein Ziel, ein Ergebnis oder eine Vision begeistert ist.
Stehen die Landeskrankenhäuser für diese Begriffe?
Fleisch: Ja, in weiten Teilen. Zum einen sind unsere Mitarbeiter besondere Menschen, weil sie Berufe gewählt haben, die viel Engagement und Herzenswärme brauchen. Zum anderen, weil wir in unseren Systemen versuchen, den Mitarbeitern Perspektiven zu geben.
Gibt es Kriterien, die Landeskrankenhäuser für Jobsuchende besonders interessant machen?
Fleisch: Hier gibt es meines Erachtens ganz viele positive Kriterien. Wir bieten eine für privatwirtschaftliche Verhältnisse kaum vorstellbare grundsätzliche Arbeitsplatzsicherheit in Form einer zukunftsfesten Branche verbunden mit langfristigen, sicheren Dienstverträgen. Zudem haben unsere Mitarbeiter den Vorteil einer guten Entlohnung, einer überwiegend guten Work-Life-Balance, teilweise sehr variabler Arbeitszeiten, umfassender Weiterbildungs- und –entwicklungsmöglichkeiten, umfassender Kinderbetreuung sowie von Zusatzleistungen wie einer günstigen Mitarbeiterverpflegung und mehr. Was uns darüber hinaus auszeichnet, ist, vor allem für Mütter und Frauen die ausgedehnte Möglichkeit, in Teilzeit zu arbeiten. Nicht zu vernachlässigen ist auch der Umstand, dass Frauen und Männer in unserem Unternehmen gleich viel verdienen.
Welche Eigenschaften fordern Sie von Arbeitssuchenden?
Fleisch: Grundsätzlich fordern wir natürlich Leistungswille und -fähigkeit. Außerdem sollten Mitarbeiter ein hohes Maß an Eigeninitiative und Selbstverantwortungsgefühl mitbringen. Reine Ausnutzer des Systems finde ich unsympathisch. Ich unterstütze diejenigen, die sich mit Freude, konstruktiver Kritik und schlichtweg Fleiß einbringen.
Wie ist es um die Mitarbeitertreue bestellt?
Fleisch: Wir haben eine verhältnismäßig geringe Fluktuationsrate, und gerade in letzter Zeit dürfen wir wieder einige Rückkehrer, zum Beispiel auch aus der Schweiz, verzeichnen. Bei den zahlreichen Mitarbeiterehrungen gibt es sehr viele Unternehmenstreue, die 30, 35, 40 oder gar 45 Jahre im Unternehmen sind.
Welche Rolle spielt das Einkommen, welche eine gute Work-Life-Balance?
Fleisch: Das Einkommen ist wichtig, spielt aber keine so große Rolle mehr. Viel bedeutender ist inzwischen tatsächlich ein ausgewogenes Verhältnis von Privat- und Berufsleben. Unsere jüngeren Mitarbeiter sind mehr familien- und freizeitorientiert. Das ist gut so, stellt uns aber auch vor neue Herausforderungen.
Ohne flexible Arbeitszeitmodelle und entsprechende Kinderbetreuungsangebote geht es heutzutage nicht mehr. Können die Landeskrankenhäuser das bieten?
Fleisch: Bei den flexiblen Arbeitszeitmodellen gibt es schon erste Erfolge, wir müssen aber noch einen längeren Weg gehen, bis wir die arbeitszeitrechtlichen Vorschriften und die Mitarbeiterwünsche umfassend unter einen Hut bringen. Bei den Kinderbetreuungsangeboten haben wir, und darauf bin ich besonders stolz, eine Vorreiterrolle. So bieten wir zum Beispiel am Standort Feldkirch einen ganzjährigen Kindercampus, der Kleinkinderbetreuung, Kindergarten und Schülerbetreuung auf höchstem pädagogischem Niveau umfasst.
Wie begegnen Sie bei der Personalrekrutierung der oft finanzkräftigeren Konkurrenz aus dem benachbarten Ausland?
Fleisch: Durch unser umfassendes Maßnahmenbündel im Personalbereich (Gehaltsreform, Turnusärztetätigkeitsprofil, Personalmarketingmaßnahmen, Bereitstellung zusätzlicher Personalressourcen) ist es uns in kurzer Zeit gelungen, wieder sehr viele Bewerber anzusprechen und auch aussuchen zu können. Wir sorgten da auch österreichweit für Aufsehen. Derzeit haben wir mehr Bewerber als ärztliche Stellen. Damit die Situation aber gehalten werden kann, bedarf es weiterhin größter Anstrengungen.
Ich unterstütze diejenigen, die sich mit Freude, konstruktiver Kritik und schlichtweg Fleiß einbringen.
Gerald Fleisch