Krippe bauen

Leserbriefe / 05.12.2025 • 21:27 Uhr

Nicht immer gelingt es, den Advent mit seinen Vorbereitungen auf Weihnachten als die sprichwörtliche „stillste Zeit im Jahr“ zu erleben. Vielseitige Verpflichtungen nehmen uns in Anspruch, und bisweilen macht sich das Bedürfnis nach Entschleunigung bemerkbar. Eine – sehr langfristige – Vorbereitung auf das Fest mag dafür als Beispiel dienen.

Kindheitserinnerungen

Es gibt Bilder, die in der Erinnerung bis in die frühe Kindheit zurückreichen. Das können z. B. der Garten hinter dem Haus oder der Raum der ersten Schulklasse sein. Unter diesen bleibenden Eindrücken findet sich immer wieder die Weihnachtskrippe als Zentrum der Dekoration zum Fest. Ganz spontan mögen dazu Bilder in den Sinn kommen, die zur eigenen Lebensgeschichte gehören. Wie unterschiedlich diese sein können, zeigt ein Besuch einer Krippenausstellung.

Krippenausstellung

Wer je eine solche Schau besichtigt hat, wird staunend davon berichten, wie originell und vielseitig Krippen gestaltet werden können. Neben den klassischen Motiven mit Stall und Hirten werden ganze Landschaften mit Szenen aus dem Leben Jesu geschaffen, beispielsweise die Flucht nach Ägypten. Dann überraschen wieder Installationen in einer Laterne oder Kastenkrippen in Miniaturform. Hinzu kommen originelle Ausführungen in Beleuchtung und Mechanik. So unterschiedlich die Umsetzung auch sein mag, hinter jedem Werkstück steht die liebevolle Arbeit vieler Wochen und Monate. Dazu gehört zunächst das Zusammentragen des Materials, welches nicht selten auf Wanderungen in der Natur gesammelt wird. Moos, formschöne Hölzer und Steine sind fixer Bestandteil der Kunstwerke. Diese entstehen oft in Krippenbauvereinen unter der kundigen Anleitung eines Krippenbaumeisters. Vom ersten Entwurf über die detailreiche Gestaltung bis zur Schau des Vereins und schließlich dem Weihnachtsfest wird gemeinsam geplant und gebastelt.

Weihnachten Dauer verleihen

Und doch ist mit der rein technischen Erstellung, so kunstvoll und handwerklich perfekt diese auch sein mag, nicht alles gesagt. Krippe bauen – das bedeutet mehr als das Zusammensetzen von Elementen. Es ist eine sehr sinnvolle Art der Vorbereitung auf Weihnachten, welche auch einen meditativen Charakter hat. Wer auf diese Weise das Geheimnis von Weihnachten im wahrsten Sinn des Wortes betrachtet, gewinnt einen ganz besonderen Zugang dazu. Ein kleiner Hirte, der mit strahlenden Augen ein Schäfchen herbeiträgt, der König, der auch mit der Krone auf dem Haupt das Knie beugt und schließlich die Heilige Familie mit dem Jesuskind in der Mitte: sie lassen Künstler und Betrachter nicht unberührt. KrippenbauerInnen bereiten sich gut auf Weihnachten vor. Ihre Geduld und Fantasie helfen ihnen dabei, sich dem Geschehen, wie es uns im Evangelium überliefert ist, anzunähern. Und wie wir gesehen haben, stellen sie die Ereignisse bisweilen im größeren Zusammenhang dar. Diese entschleunigte Art, sich mit den biblischen Geschehnissen zu befassen, kann auch uns etwas sagen. Krippen bauen – das ist letztlich ein verlängerter Advent. So wichtig die sonstigen Vorbereitungen und Einkäufe für das große Familienfest auch sind: Es ist die Betrachtung jener Ereignisse, welche die Krippe uns zeigt, die auch der Advent uns nahelegen will. Die geduldige und meditative Tätigkeit des Krippenbauens kann ein gutes Zeitmaß für die Vorbereitung auf Weihnachten sein. Ist dann die Feierstunde glücklich verlaufen, verschwindet die Krippe und was sie zu sagen hat nicht einfach. Wie wir gesehen haben, bleibt sie ein Leben lang in Erinnerung. Und bald ist es wieder Zeit, mit dem Sammeln von neuem Material zu beginnen …

Bei den „Krippenfreunden Hohenems“.⇒Franz Marco Sauer