Mimi Hu, Julia Siebmacher, 6b Klasse, BG Gallusstraße, Bregenz
Max saß da. Alles war dunkel. Er saß allein zwischen den vielen Kartons. Den Geräuschen nach musste er sich auf einer Schnellstraße befinden. Als sie nach einigen Stunden Fahrt anhielten, richtete Max sich erstmals auf. Die Tür ging auf und der fremde Fahrer deutete ihm auszusteigen. Überall waren Schilder, doch Max konnte die Sprache nicht erkennen.
Nach einer kurzen Pinkelpause drängte der Fremde ihn zurück in den Wagen, die Fahrt ging weiter.
Seltsamerweise konnte er an nichts anderes denken als an Sylvie. Weder an seine besorgten Eltern noch an sonst irgendetwas. Was ist, wenn er sie nie wieder sieht und er ihr nie seine Liebe gestehen könnte? Ach, er war doch so ein Feigling!
Der Wagen kam erneut zum Stehen. Max vernahm undeutlich Männerstimmen.
Plötzlich rissen sie die Türe des rostigen Vans auf und zerrten ihn auf den nassen, dreckigen Boden einer Lagerhalle. Als er sich aufsetzen wollte, traten die Männer nach ihm. Ein Tritt in die Rippen ließ ihn sofort wieder zu Boden sinken. „Was wollt ihr von mir?“, wimmerte Max. Doch als Antwort kamen nur Gelächter und Tritte. Wenn sie doch nicht alle Masken anhätten. Max hätte seine Peiniger liebend gerne erkannt. Als hätten sie seine Gedanken gehört, trat einer von den kleineren vor und zog seine Maske ab. Max blieb die Sprache weg, er kannte dieses Gesicht: Es war Jens. „Da schaust du, was?“, lachte Jens. „weißt du eigentlich, dass Sylvie MEINE Freundin ist? Glaubst du, dass ich dir deine schmachtenden Blicke und Flirts so einfach durchgehen lasse?“ Max brachte endlich ein paar Worte heraus: „Bist du jetzt übergeschnappt? Dafür ziehst du hier so eine Nummer ab, obwohl sie nicht einmal deine Freundin ist?“
Das hätte er lieber nicht gesagt. Der nächste Tritt ins Gesicht verursachte grauenhafte Schmerzen. Er musste sich aufrichten, um das Blut in seinem Mund nicht zu verschlucken. Mehrmals spuckte er auf den Boden. „Klar ist sie meine Freundin, weißt du nicht mehr? Du warst gerade jämmerlich dabei, ihr deine Gefühle zu gestehen, aber dann hat der kleine Max wohl doch einen Rückzieher gemacht. Ich dachte, es wäre damit erledigt, doch sie denkt anscheinend immer noch an dich. Kein Wunder, wenn du ihr jeden Tag schreibst. Deshalb habe ich beschlossen, etwas dagegen zu unternehmen, und nun stehen wir hier. Stell dich darauf ein, dass du sie nie mehr wiedersehen wirst, dass du niemanden je wiedersehen wirst!“
Ein heftiger Schlag raubte Max das Bewusstsein.
Nach endloser Zeit öffnete er seine Augen und verspürte ein schmerzhaftes Pochen an seiner Schläfe. Die Umgebung schien ihm vertraut: Er lag nackt auf dem Boden der Dusche. Ausgerutscht.
Jetzt wurde ihm einiges klar, nicht nur, dass das alles nur ein schwachsinniger Traum gewesen war, sondern auch, dass er ihm klargemacht hat, nicht mehr länger damit zu warten, Sylvie seine Gefühle zu gestehen.