Bei Familie Breuss geht es den Gänsen und Rindern richtig gut

Extra / 03.10.2014 • 18:15 Uhr
Eines der neusten Mitglieder bei Familie Breuss: Das noch namenlose Kalb war zu diesem Zeitpunkt erst einen Tag alt.
Eines der neusten Mitglieder bei Familie Breuss: Das noch namenlose Kalb war zu diesem Zeitpunkt erst einen Tag alt.

Der Tierschutzpreis 2014 geht an einen
kleinen, aber feinen Biohof in Übersaxen.

ÜBERSAXEN. Schon die Anfahrt zum Hof der Familie Breuss in Übersaxen beeindruckt. Von der Straße aus sticht sofort das große Holzgebäude ins Auge, umgeben von grünen Wiesen und Wäldern. Auf dem Rasen vor dem Stall tummelt sich eine Schar Gänse, weiter unten liegen ein paar Kühe, daneben haben es sich einige Schafe bequem gemacht. Der Schein trügt nicht. Auch innen dreht sich alles um naturnahe und artgerechte Haltung. Den Tieren geht es gut – Sieglinde und Christian Breuss sind würdige Vorarlberger Tierschutzpreisträger 2014.

Vielfältiges Angebot

Nicht der erste Titel des Vorzeigebetriebs. Bereits 2008 wurde er als „Wiesenmeister“ ausgezeichnet, eine Auszeichnung für Biodiversität und rücksichtsvolle und umsichtige Bewirtschaftung der Flächen. Insgesamt werden 28 Hektar Wiesen, Weiden, Streue- und Magerwiesen bewirtschaftet.

Das Angebot ist vielfältig: Rinder, Schweine, Gänse, Enten, Schafe und Hühner bevölkern den Hof. Wer aber auf ein fideles Miteinander dieser Tiere hofft, wird enttäuscht, es wird in Zyklen gearbeitet.

Kommt das Jungvieh im Frühsommer auf die Weide, wird der Stallteil umgestaltet und zur Mast von Hühnern verwendet. Es handelt sich dabei um eine besondere, langsamer wachsende Hühnerart. Im strukturierten Stall finden die Hennen außergewöhnlich viel Platz vor und können diesen jederzeit verlassen.

Aufwendige Zucht

Nach der Schlachtung der Hühner wird ein anderer Stallbereich für die Aufnahme von Gänse-Küken vorbereitet. Mit Dinkelspelzen und Heizung werden perfekte Bedingungen für die Aufzucht geschaffen. Sieglinde Breuss erklärt: „Die Gänse benötigen bei ihrer Aufzucht viel Zeit und Zuneigung.“ Geachtet wird auf jedes Detail. Es werden beispielsweise spezielle Tränke-Rohre verwendet, mit langen und großen Öffnungen. So können die Gänse den kompletten Hals unter Wasser bringen, was als besonders gänsegerecht gilt. Zwar bedeutet dies einen höheren Arbeitsaufwand und Wasserbedarf, dies wird aber fürs Tierwohl wie selbstverständlich in Kauf genommen.

Enorm wichtig sei die Hygiene, erklärt Christian Breuss: „Die Tiere sollten keine Krankheiten bekommen, sonst ist der ganze Bestand gefährdet.“ Krankheitsfällen tritt Breuss mit homöopathischen Mitteln entgegen. Erst wenn es gar nicht anders geht, wird ein Tierarzt konsultiert. Ins Freie dürfen die Tiere erst um 8 Uhr, damit der Fuchs die Gans nicht stiehlt. Breuss klopft auf Holz und sagt: „Das ist Gott sei Dank noch nie passiert.“

Ruhig und ausgeglichen

Auch die Rinderzucht besticht durch Naturnähe. Es werden Charolais-Rinder aufzogen, die genetisch bedingt gar keine Hörner haben. Das Thema Enthornung entfällt also. Bei der Zucht dieser Fleischrasse wird auf Ruhe und Ausgeglichenheit der Tiere geachtet, nicht primär auf die Fleischleistung. Der Stallboden ist durchgehend befestigt und leicht eingestreut, gefüttert wird nur hofeigenes Heu und Grassilage. Auf Kraftfutter verzichten die Betreiber. Bio und Tierliebe, wohin man blickt.

Zu 100 Prozent überzeugt

2008 entschloss sich Familie Breuss, auf Bio-Betrieb umzustellen. „Von einer konventionellen Landwirtschaft in dieser Größenordnung konnten wir nicht mehr leben, wir wollten uns aber nicht vergrößern“, erzählt Christian Breuss. Auch jetzt muss er nebenbei als Forstarbeiter ein Zubrot verdienen.

Doch die Entscheidung sei richtig gewesen: „Wir sind von diesem Weg zu 100 Prozent überzeugt und sehen darin das Konzept der Zukunft.“ Einer Bio-Pflicht für alle Bauern erteilt er jedoch eine Absage. „Ich halte nichts davon, die einen Bauern gegen die anderen auszuspielen. Jeder soll das machen, was er für richtig hält. Wir sind im Hochpreissegment, wer Fleisch zu geringeren Preisen anbietet, muss auf Masse setzen.“

Beim sogenannten Konsumenten steige der Wunsch nach artgerechter Tierhaltung allerdings stetig. „Vor allem die Nachfrage bei Geflügelfleisch geht in die Höhe.“ Die Verkaufswege sind vielschichtig. Zweimal im Jahr bietet die Familie im Laden in Übersaxen Lebensmittelpakete an. Dazu kommen Verkaufstage, die je nach Angebot ca. einmal im Monat stattfinden. Außerdem kann per E-Mail vorbestellt werden. „Irgendwann müssen wir aber Stopp sagen. Wir wollen uns nicht vergrößern und keine Massenprodukte“, erzählt Sieglinde Breuss.

Drei für den Eigenbedarf gehaltene Schweine bewohnen den hofeigenen Wald. Die Anfragen nach Schweinefleisch häuften sich, die Betreiber überlegen nun eine Aufnahme ins Angebot.

Ob der Hof in ferner Zukunft in die Hände des eigenen Nachwuchs gelegt wird, steht noch in den Sternen. Der 19-jährige Fabian, Ältester der drei Kinder, hat schon mit der Schafzucht begonnen, sein Geld verdient er allerdings als Maurer. Die 15-jährige Martina besucht die Tourismusschule in Bludenz und verneint auf Nachfrage ein zukünftiges Engagement energisch. Christoph (11) hat bereits das Zepter der Namensgebung bei Kälbern an sich gerissen.

Der Hof von Familie Breuss ist ein perfektes Beispiel für eine artgerechte und nachhaltige Landwirtschaft. Der Vorarlberger Tierschutzpreis 2014 geht an die Richtigen.

Wir sind von diesem Konzept zu 100 Prozent überzeugt.

Christian Breuss
Sieglinde Breuss fühlt sich bei den Gänsen so wohl wie diese auf dem Hof der Familie in Übersaxen. Fotos: VN/Hofmeister
Sieglinde Breuss fühlt sich bei den Gänsen so wohl wie diese auf dem Hof der Familie in Übersaxen. Fotos: VN/Hofmeister