Mit exotischem Vieh Lawinengefahr bekämpfen

Thomas Heiseler hält Schottische Hochland-rinder auf der Alpe Ischkarney.
Sonntag. Sie haben ein zotteliges Fell, lange, spitze Hörner und ein sanftes Gemüt. Die schottischen Hochlandrinder, die sich auf der Alpe Ischkarney bei Sonntag unterhalb der Biberacher Hütte tummeln, gehören dem 25-jährigen Thomas Heiseler. Er hält die Tiere, seit er 16 Jahre alt ist, im eigenen Bio-Betrieb. Dafür erhält er heuer den Jugend-Anerkennungspreis.
An einem steilen Abhang auf der 1500 Meter hohen Alpe steht Thomas und raschelt mit einer Papiertüte voller Brot. Mit Rufen lockt er die 20 Rinder an, sie sollen heute auf eine andere Weide umziehen. Wenn die bulligen Tiere auf der abschüssigen Wiese mal etwas ungestüm auf ihn zutrampeln, macht ihn das nicht nervös. Er passt dennoch auf, dass sich die Tiere geordnet bewegen, schließlich können sie auch Steine lostreten, die dann gefährlich den Hang hinunterrollen.
Als Kind hat Thomas viel Zeit auf der Alpe verbracht. „Zehn Sommer war ich dort oben“, erzählt er. Zwar hatte seine Familie schon damals einen Teil der Weiden in ihrem Besitz, jedoch keine Rinder. Das wollte Thomas ändern. Er überredete seine Eltern, Schottische Hochlandrinder zu kaufen. Die kommen mit dem steilen Gelände besser zurecht als das Braunvieh. Auch weil „die Schotten“, wie er sie nennt, nicht auf einen so breiten Rahmen gezüchtet sind wie heimische Milchkühe. Heiselers betreiben ausschließlich Mutterkuhhaltung. Kühe, Kälber und ein paar Ochsen weiden auf der Alpe.
Die tun auch dem Gelände gut. Durch die Trittstufen, die die Tiere hinterlassen, hält der Hang im Winter den Schnee besser, ist Thomas überzeugt. „Seit die Schotten dort weiden, gehen viel weniger Lawinen ab“, sagt er. Das schützt den Forst.
Thomas kennt sich mit den Rindern aus, er ist gelernter Landwirt. Sein eigentlicher Beruf ist aber ein anderer. Nach der Landwirtschaftsschule machte er im elterlichen Betrieb eine Zimmererlehre und dann sogar seinen Meister. Auch in seiner Freizeit ist er oft in den Bergen zu finden – als Bergretter oder Alpwanderführer. Auch die Jagdprüfung hat der junge Mann in der Tasche.
Kuhstall selbst gebaut
Die zottelige Karawane bewegt sich dicht an dicht den schmalen Bergweg entlang, immer Thomas‘ raschelnder Brottüte und seinen Rufen folgend. Bald sind die 20 Rinder auf ihrer Weide untergebracht, und Thomas kann wieder ins Tal zurück an die Arbeit in der Zimmerei.
Der Alpsommer ist schon fast vorbei, dann ziehen die Tiere in den Stall um. Den hat die elterliche Firma in nur zwei Wochen selbst gebaut. Der Offenfrontstall steht ganz in der Nähe der Zimmerei und bietet viel Auslauf. „Da ist alles auf dem neuesten Stand“, sagt Thomas Heiseler. In dem Stall können sich die Rinder frei bewegen, die Kälber haben einen eigenen Schlupf, der vor Wind und Kälte noch etwas besser geschützt ist. Die Tiere können aber auch ins Freie, wenn sie wollen, ein neuer Zaun soll nächstes Jahr für noch mehr Auslauf sorgen.
Kein Kraftfutter
Die Tiere bekommen ausschließlich Grundfutter. „Nur Silage und Heu, kein Kraftfutter“, erklärt der junge Landwirt. Das reicht aus. „Die Schotten sind gute Grundfutterverwerter“, außerdem sind sie ja keine Hochleistungsrinder. Thomas geht es vor allem darum, dass die Weiden der Familie auf der Alpe Ischkarney bewirtschaftet werden und nicht verkommen. Als er selbst die Sommer auf der Alpe verbrachte, waren es nie eigene Rinder, die er hüten musste. Das gab ihm immer ein ungutes Gefühl.
Wirtschaftlich schreibt er nach eigenen Angaben eine schwarze Null. Jeden Herbst wird geschlachtet, das Fleisch der Hochlandrinder verkauft die Familie auf Vorbestellung. Eine weitere Einkommensquelle sind die Patenschaften, die jedermann abschließen kann.
Wer „Pate“ eines der zotteligen Rinder ist, bezahlt ein gewisses Entgelt und kann dafür sein Tier jederzeit in Sonntag besuchen – und darf auch gerne Mal bei der Arbeit mit Hand anlegen.
Seit die Schottischen Hochlandrinder dort oben weiden, gehen viel weniger Lawinen ab.
Thomas Heiseler