Fortsetzung von „Alles wird gut?“

Extra / 21.06.2015 • 20:45 Uhr

Autor Peter Natter lieferte den Anfang – Schüler schrieben die Geschichte zu Ende.

schwarzach. Liegt es am Wetter, dass es wieder so laut zugeht im Pausenhof? Oder liegt es am Vollmond? Oder liegt es einfach an den Kindern, die eben von Jahr zu Jahr unruhiger und aggressiver werden? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich diese Pausenaufsicht nicht mehr lange durchhalten werde. Sollen das doch die jungen Kollegen machen! Die finden eh alles lustig, was die Schülerinnen und Schüler sich einfallen lassen. Mir wird das alles schön langsam zu viel. Nein, nicht schön langsam: sondern ganz schnell. Auch wenn diese Woche nur drei Schultage mit sich bringt und schon heute, am Mittwoch, das nun wirklich sehr lange Wochenende beginnt: Es ist höchste Zeit für eine kleine Auszeit! Das war auch noch anders, als ich angefangen habe zu unterrichten, vor gut dreißig Jahren! Da war jeder Tag spannend, ein Erlebnis, eine Freude. Und jetzt?!

Dort drüben, das sind die Viertklässler, eine berüchtigte Truppe. Natürlich sind es immer die gleichen, dazu ein paar Mädchen aus der Zweiten. Wenn ich da zurückdenke an meine Hauptschulzeit! Sie ist fast 50 Jahre her. Das glaubt mir gar niemand mehr! Erstens einmal waren die Schulen und natürlich auch der Pausenhof nach Geschlechtern getrennt. „Knabenhauptschule“ hat das geheißen bei uns. Niemand hat sich etwas gedacht dabei. Geholfen hat diese Trennung allerdings wenig, wenn ich mich richtig erinnere. Das Spannendste war immer, was sich drüben abgespielt hat. Nur ein paar Träumer haben ihre Bubenspiele gespielt, um Zehngroschenstücke oder mit Glaskugeln. Ein paar haben Boxkämpfe veranstaltet, ziemlich brutal. Auch damals schon ganz nach dem Vorbild der Fernsehübertragungen in den alten Schwarz-Weiß-Flimmerkisten.

Brieflein haben wir zu den Mädchen geschickt und die Mutigen sind ganz nah an den Zaun heran und haben freche Sprüche hinüber gerufen oder etwas ausgemacht für den Nachmittag. Gestern habe ich dem Direktor gesagt, es bräuchte eigentlich gar keine Hofaufsicht mehr. Man müsste nur die Handys und Smartphones überwachen oder noch einfacher: verbieten. Dann sind die Kinder sowieso total aufgeschmissen. Auch meine Drittklässler haben’s wichtig da hinten. Was die wieder aushecken? Die Deutsch-Schularbeit in der nächsten Stunde scheint niemanden zu interessieren. Dabei sehe ich schon schwarz für einige. Erst recht wenn ich ans Abschlusszeugnis denke, an ihre Berufswünsche und den beinharten Kampf um die wirklich guten Lehrstellen. Mit Lesen wäre vielen sehr geholfen! Ob sie es mir irgendwann glauben?

Zur Person

Peter Natter

Autor, Korrektor und Philosoph

Geboren: 1958 in Alberschwende

Ausbildung: Studium der Romanistik und Philosophie

Werke: Kriminalromane „Mord unterm Hirschgeweih“, „Die Tote im Cellokasten“