Einsatz und Interesse entscheiden

Wünsche und Vorstellungen aus der Wirtschaft an den aktuellen Maturajahrgang.
Schwarzach. Mit der absolvierten Matura endete dieser Tage für zahlreiche Vorarlberger Schüler ein Lebensabschnitt. Viele werden jetzt in das Arbeitsleben einsteigen, andere werden noch ein Studium absolvieren.
Die Vorarlberger Nachrichten haben mit Topfunktionären aus der Wirtschaft über die Erwartungen an Maturanten und Bildungssystem geredet. Junge-Wirtschaft-Präsidentin Stefanie Walser (33), Martin Ohneberg (44), Präsident der Industriellen-Vereinigung Vorarlberg und der Präsident der Vorarlberger Wirtschaftkammer Manfred Rein (66), standen Rede und Antwort und gaben den Maturanten auch ihre Wünsche (siehe Bilder) mit auf den Weg.
Stärken kennen
Mit der Matura haben sich die Schüler eine solide Basis geschaffen, aber mehr auch noch nicht, so Stefanie Walser, denn jetzt gehe es erst richtig los. Sie hält es für wichtig, dass die Schüler Erfahrungen sammeln und herausfinden, wo ihre Stärken und Schwächen liegen.
Auch Manfred Rein ist überzeugt, dass es am wichtigsten ist, dass die Schüler sich ihrer Neigungen und Erfahrungen bewusst sind. Sie sollen einen Beruf oder eine Ausbildung wählen, die ihren Talenten entspreche. Dann stellen sich auch Erfolg und Karriere „fast von allein“ ein. Deshalb sei eine umfassende Berufsorientierung wichtig. Für Rein ist die Lehre ein Weg in die Selbstständigkeit, den sich auch Maturanten überlegen sollten.
Dass man die persönlichen Stärken kennen sollte, ist auch für IV-Präsident Ohneberg wichtig. Wer bereits ein klares Ziel vor Augen habe, der solle den Weg einschlagen und dieses Ziel konsequent verfolgen. Wer sich noch nicht entschieden habe, der solle sich jetzt umfassend informieren, mit Gleichaltrigen reden und auch Rat von Menschen holen, die bereits im Berufsleben stehen. Für Ohneberg ist ein Studium nicht um jeden Preis notwendig: „Die frühzeitige Erfahrung mit der Praxis ist voll zu unterstützen“, so der Industrielle. Ohneberg wünscht sich von Maturanten zudem internationale Erfahrungen. Sie seien zwar kein Muss, wer aber die Chance habe, solle diese auch nutzen. Auslandsaufenthalte seien wichtig für die persönliche Entwicklung, man lerne eine Fremdsprache und entdecke eine fremde Kultur. Den Firmen seien die im Ausland erworbenen Fähigkeiten bewusst, so Ohneberg, der die Firma Henn leitet. Grundsätzlich sei dabei egal, wo man hingehe, aber die asiatischen Zukunftsmärkte und Länder, mit denen Österreich traditionell starke Wirtschaftsbeziehungen hat, seien besonders wertvoll.
Für die Präsidentin der Jungen Wirtschaft, Stefanie Walser, die ein Textil-Unternehmen leitet, ist klar, dass man auf jeden Fall Gelegenheit nutzen sollte, um ins Ausland zu gehen. Sie selber war vor dem Einstieg ins elterliche Unternehmen bei einem großen Modeunternehmen im Ausland tätig. Diese Erfahrungen erweitern den Horizont und seien für die persönliche Entwicklung sehr wertvoll. Wohin man gehe, sei zweitrangig.
Auch Rein sieht die Erweiterung der Kompetenzen als wertvoll, geht aber noch einen Schritt weiter. „Wenn ich international tätig sein möchte, ist es ein Muss, allein schon wegen der Sprachkompetenz“, so der Kammerpräsident. Er selber würde nach Italien gehen. Für Wirtschaftswissenschaftler und Banker bieten sich seiner Meinung nach London oder die USA an, Holzbauern empfiehlt er Skandinavien.
Erwartungen an Maturanten
Rein hat klare Vorstellungen an seine Mitarbeiter. Egal, ob Maturant oder nicht, erwartet werden Interesse an der Tätigkeit, Leistungsbereitschaft und Lernwilligkeit. Außerdem seien Rechnen, Lesen, Schreiben und ein ordentliches Auftreten Grundvoraussetzungen. Ein „Training on the job“ werde es immer geben.
Ohneberg erwartet von Maturanten nicht vom ersten Tag an, dass sie alles können. Gewisse Grundkenntnisse und Fähigkeiten müssen vorhanden sein, meint er. Am wichtigsten seien aber Interesse an der Arbeit, die Persönlichkeit, der Einsatz und die Bereitschaft, dazuzulernen und sich zu engagieren.
Walser ist überzeugt, dass man den Beruf erst nach der Matura lernt. Sie erwartet sich eine solide theoretische Grundlage von den Absolventen. Neben Fachkenntnissen müssen Mitarbeiter soziale Kompetenzen entwickeln. Teamfähigkeit, Empathie und Führungskompetenz sind wichtige Faktoren, die erlernt werden sollten.
In einem Punkt sind sich die Präsidenten einig: es herrscht Bedarf an Fachkräften, vor allem in technischen Berufen. Hier könne man mit starker Nachfrage am Arbeitsmarkt rechnen.

