Maturaprüfung vor 50 Jahren

Norbert Häfele erzählt von seiner Matura am Bundesgymnasium Dornbirn im Jahre 1965.
Dornbirn. Viele Jahre begleitete Norbert Häfele (68) als Direktor des Gymnasiums Dornbirn-Schoren junge Menschen zur Matura. Seine eigene Hochschulreife jährt sich heuer zum 50. Mal. In den VN erzählt der pensionierte Lehrer, wie man 1965 die Matura absolvierte.
„Unsere Matura begann damals am Ende des 1. Trimesters. Ja, in drei Teile war damals das Schuljahr aufgeteilt, und das Zeugnis des 1. Trimesters war unsere Zulassung zur Matura. Und diese war im Grunde einfach angelegt: Deutsch, Französisch, Mathematik, Latein (in der Parallelklasse Englisch) und Darstellende Geometrie waren Pflicht. Daneben galt es, drei Fächer mündlich zu absolvieren.
Keine VWA, kein Maturaball
Da konnte man zwar Stärken nutzen oder sonst ein wenig taktieren, aber es gab keine Vorwissenschaftliche oder Fachbereichsarbeit, auch keine Schwerpunktprüfungen. Daher musste man den Professoren auch keine „Spezialgebiete“ abliefern. Also wir bewegten uns recht entspannt auf die Matura zu. Ja, und auch was die heutigen Maturaklassen häufig bis über die Grenzen stresst, war damals an den Gymnasien völlig unbekannt: der Maturaball. Ein zu heute vergleichsweise zahmes Käpplefest, bei dem das Käpple kräftig mit allem anderen als Weihwasser eingeweiht wurde, gab es schon. Und noch etwas forderte uns kurzfristig heraus: Am Maturaanzug musste eine Rosette prangen, deren Farbe die in Aussicht genommene Studienrichtung anzeigte. Grün für Jus, Rot für Medizin, Schwarz für Theologie, Weiß für Philosophie, Gelb für Welthandel et cetera.
„Verlängerte Schularbeit“
Dieses farbige Outing zeigte, wovon die gesellschaftliche Umgebung und auch die Familie und schließlich auch wir selbst überzeugt waren: Hier werden zukünftige Akademiker geschmiedet, mit diesen werden wir die Siebziger und überhaupt die Zukunft erfolgreich schaffen. Die Hochschulen waren klar eingeteilt: Unis, Technik, Handel/Wirtschaft und Kunstakademien. Es gab ja nicht einmal die PA. Alle Lehrer entsprangen der Lehrerbildungsanstalt und von den Fachhochschulen war auch jahrzehntelang noch nichts zu sehen. Was blieb da außer studieren?
Der Maturastoff war auch von vornherein klar: der gesamte Stoff der Oberstufe. Das war nicht weiter tragisch bei Deutsch und den Sprachen, da war die Matura eine etwas verlängerte Schularbeit. Eine Themenstellung umfasste zwei maschingeschriebene Zeilen. Aber in Mathematik hatte unser Prof. Gasser wirklich gezielt die fünf, sechs Themenfelder der Oberstufe rekapituliert. Dabei verwendeten wir aus heutiger Sicht so abstruse Hilfsmittel wie Logarithmentabellen und schlugen uns mit Zinseszinsrechnungen herum. Der erste Taschenrechner – mit 1,5 kg Gewicht – wurde erst 1967 vorgestellt.
Das erlaubt auch einen Seitenblick auf das „Schwindelpotenzial“. Ein Handy, das man abgeben muss? Ein USB-Stick? Kann sein, dass einige sich einen „Spickzettel“ angefertigt und mitgenommen hatten. Das gibt doch etwas Sicherheit (und beim Schreiben hat man ja den Stoff wiederholt), aber viel mehr war da nicht drin. Nach der Schriftlichen ging der Unterricht zunächst normal weiter, aber zum Schluss gab es eine ganze Lernwoche, in der man zu Hause pauken konnte, was das Zeug hielt.
Ab ins „Krottaloch“
Ja, und als wir von der letzten Prüfung vor der Kommission aufgestanden sind, waren wir sicher auch alle so froh wie die Prüflinge heute. Vor der „Urteilsverkündung“ ein schnelles Bier im sogenannten „Krottaloch“, dem Nebenzimmer im Gasthof Vereinshaus. Aber alles andere war dann völlig unspektakulär. Eine schlichte Zeugnisübergabe, das Valet ohne Eltern, die Maturareise durften wir sogar ohne Begleitung der Frau Klassenvorstand antreten.
Dem entgegen standen jedoch die hohen Erwartungen, die man in die 35 Menschen setzte, die da als einzige im Einzugsgebiet von Dornbirn, Lustenau, Hohenems bis Götzis in diesem Jahr das Gymnasium abschlossen. Heute wird in diesem Gebiet an drei weiteren Gymnasien maturiert: Schoren, Lustenau, Götzis.“
Wir bewegten uns recht entspannt auf die Matura zu.
Norbert Häfele
