„Auf den Boden der Zukunft kommen“

Extra / 29.12.2015 • 17:44 Uhr
Die Familie Breuss ist Träger des Vorarlberger Tierschutzpreises und züchtet eine robuste Milch- und Fleischrasse: Charolet-Rinder. Foto: VN/Steurer
Die Familie Breuss ist Träger des Vorarlberger Tierschutzpreises und züchtet eine robuste Milch- und Fleischrasse: Charolet-Rinder. Foto: VN/Steurer

Von der Natur lernen, lauten die Good News von LK-Präsident Josef Moosbrugger und Direktor Gebhard Bechter.

bregenz. „Wir müssen gemeinsam wieder auf den Boden kommen“, lässt Direktor Dr. Gebhard Bechter die Initiative der Landwirtschaftskammer zum UN-Jahr des Bodens anklingen und spinnt ein Netz in doppelter Hinsicht: „Wir müssen bei dem ankommen, was uns Boden und Natur zeigen. Und wir müssen dem Boden als unsere Lebens- und Ernährungsgrundlage in unserem Denken und Tun einen neuen Stellenwert geben.“ Im Zeitalter der Technikgläubigkeit sind die Kreisläufe der Natur aus unserer Aufmerksamkeit gerückt. Boden- und Naturbewusstein erlebbar machen stehe im LK-Programm.

Treffen auf Augenhöhe

Präsident Josef Moosbrugger: „Aktionen, die bereits gut angelaufen sind, wollen wir weiterführen. Die Projekte „Kindergarten bzw. Schule am Bauernhof“ mit Live-Unterricht im Stall und in der Bäuerinnenküche werden auch die nächsten Jahre weitergeführt, wie auch die Kindergeburtstage mit dem Gruppenangebot ,Bauernhof Detektiv‘.“ Und Bauern steigen herab vom Traktor und absolvieren das Seminar „Bodenpraktiker“ mit dem Inhalt: Sorgsamer Umgang zum Erhalt der Fruchtbarkeit des Bodens. „Bodenhaftung heißt: Den Blick vom Globalen wieder einmal zurücknehmen auf das Regionale“, sagt Bechter. „Das bedeutet: Produzenten und Konsumenten treffen sich vor Ort auf Augenhöhe. Sie nehmen sich ernst zwecks gegenseitigen Vertrauens. Die heimischen Bauern betreiben keine Allerwelts-Landwirtschaft, sondern eine dem Standort angepasste: Die Berater der Landwirtschaftskammer trimmen nicht auf Größe. Sie bieten den Betrieben Checks für Qualitätssicherung, standortangepasste Zucht und Produktion, Optimierung der Leistungsabgeltung und zum Umstieg auf die biologische Produktion“, ergänzt Moosbrugger. „Ein Schwerpunkt im heurigen Jahr wird die Einführung des Ländle-Gütesiegels sein, als Garant für Vorarlberger Herkunft und Qualität sein. Ein Siegel, organisiert und betreut vom ,Ländle Marketing‘, das die Vertrauensbasis zwischen Erzeuger und Konsument stärkt. Garantierte Qualität und besserer Preis dienen beiden und stärken die regionale Partnerschaft. Grundlage sind zeitgemäße Verarbeitungsstrukturen. So werden wir alles daransetzen, einen adäquaten Ersatz für den Dornbirner Schlachthof zu sichern und die Viehvermarktungsanlage für aktuelle Erfordernisse auszubauen.“

„Was Boden als Ernährungsgrundlage bedeutet, zeigt das von der Landwirtschaftskammer in Auftrag gegebene Perspektivenpapier zur Ernährungssicherheit in Vorarlberg. Die Vorarlberger Böden können nur zwei Drittel der Bevölkerung ernähren“, gibt Bechter zu bedenken. „Der sorgsame und sparsame Umgang mit fruchtbarem Boden liegt daher auf der Hand. Wir fordern die Änderung des Raumplanungsgesetzes und erwarten, dass fruchtbare Böden gegenüber der Verbauung einen besseren gesetzlichen Schutz bekommen. Das heißt nicht Baustopp, aber intelligenter Umgang mit den als Bauland gewidmeten bzw. bebauten, aber nicht genutzten Flächen. Ein besonderes Augenmerk werden wir auch auf den Rückbau des Rhein werfen. Fruchtbarste Böden einfach zum Flussbett umzufunktionieren, lassen wir dort nicht unhinterfragt geschehen, wo es der Hochwassersicherheit nichts bringt oder diese sogar eingeschränkt wird“, erklärt Präsident Moosbrugger.

Regionale Lebensqualität

„Unser Ziel sind, regionale Partnerschaften auf Augenhöhe zwischen Produzenten und Konsumenten; auch Handel und Verarbeiter müssen eine Zukunftschance bekommen. Die Grundlage dazu sind Wertschätzung und Vertrauen, Qualität, Vielfalt und Einzigartigkeit. Wenn das fair aufgebaut ist, wächst auf diesem Boden der Regionalität Wertschöpfung für alle Beteiligten“, schließt Moosbrugger. „Wenn Überschaubarkeit und Nachvollziehbarkeit, Natürlichkeit und Menschlichkeit wieder an Boden gewinnen, haben wir eine gemeinsame Chance, die unserem Land unverwechselbare Lebensqualität sichert.“

Vom Traktor steigen und erst Bodenpraktiker werden.

Josef Moosbrugger

Gut ist eine dem Standort angepasste Landwirtschaft.

Gebhard Bechter