Neue Dynamik in der Arbeitswelt

Industrie 4.0 verändert den Arbeitsplatz. IV-Geschäftsführer Burtscher betont Chancen.
schwarzach. (VN-ram) Die vierte industrielle Revolution bedeutet eine umfassende Veränderung der Produktion. Dass der medial und politisch vieldiskutierte Einzug des „Internets der Dinge“ gleichzeitig auch den Arbeitsplatz der Zukunft nachhaltig beeinflussen dürfte, darüber sind sich die meisten Experten einig. Wie diese Veränderung im Detail aussehen wird, ist zum aktuellen Zeitpunkt aber noch nicht ganz klar. Die Einschätzung variiert je nach Branche und Markt. Mathias Burtscher, Geschäftsführer der Industriellenvereinigung Vorarlberg, zeigt sich im Gespräch mit den VN jedenfalls überzeugt, dass grundsätzlich eine vollkommen neue Dynamik am Arbeitsplatz entstehen werde. Und dass es keinen Umbruch von heute auf morgen geben werde.
Positive Effekte
Aber nicht alle sehen den Arbeitsplatz 4.0 positiv. Viele Studien, unter anderem eine Umfrage des Weltwirtschaftsforums (WEF) unter diversen Managern von internationalen Konzernen, prognostizieren das Verschwinden von Millionen herkömmlicher Jobs. Die besagte Studie warnt davor, dass bis im Jahr 2020 insgesamt rund sieben Millionen Arbeitsplätze weltweit verschwinden und im Gegenzug nur rund zwei Millionen neue entstehen könnten. Die Staaten müssten sich deswegen besser auf die Industrie 4.0 einstellen und Ausbildung in zukunftssicheren Berufen stärker fördern, erklärte WEF-Gründer Klaus Schwab im Jänner.
Die Industrie 4.0 und ihre Auswirkungen auf die Arbeitswelt standen demnach prominent auf der Agenda des jüngsten Weltwirtschaftsforums in Davos. Obwohl die bereits erwähnte Studie pessimistisch ausfällt, kamen bei dem Elitetreffen in den Schweizer Bergen im Jänner auch positive Effekte zur Sprache. So sei es beispielsweise ein Fortschritt, wenn Maschinen künftig gefährliche Arbeiten übernehmen. Zudem eröffne Software schon heute beispielsweise die Chance, neue Medikamente zu entwickeln.
Neue Berufe
Von Pessimismus will auch IV-Geschäftsführer Burtscher nichts wissen: „Selbst die intelligenteste Fabrik nutzt ohne die menschliche Arbeitskraft rein gar nichts.“ Vielmehr würden durch die fortschreitende Digitalisierung in der Industrie sehr viele neue Berufsfelder besonders in den Bereichen IT und Entwicklung entstehen.
Auch weitere vor- und nachgelagerte Jobs würden entstehen. Dass Innovationen und Veränderungen nicht automatisch als Jobkiller bezeichnet werden können, verdeutlicht der IV-Geschäftsführer anhand eines Beispiels aus der Vergangenheit: Die Einführung des Computers hatte starke Auswirkungen auf den Beruf der Sekretärin. Das moderne Büro veränderte sich zwar dadurch, aber der Job hat trotzdem nichts an seiner Bedeutung verloren.
Burtscher hält gegenüber den VN fest, dass angesichts der Veränderungen Niedrigqualifizierte sicherlich weniger gefragt sein werden und besser qualifiziert werden sollten. Eine gute Ausbildung sei sehr wichtig, um mithalten zu können. Dabei sind seiner Meinung nach besonders die sogenannten MINT-Studien- und Unterrichtsfächer von hervorgehobener Bedeutung, also die Bereiche Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik.
Vernetztes Denken
„Die Arbeitskraft der Zukunft muss vernetzter
und branchenübergreifender denken können.“ Die Ausbildung müsste sich demnach grundlegend ändern und sich stärker auf technologische und naturwissenschaftliche Aspekte konzentrieren. „Daneben wird lebenslanges Lernen noch wichtiger, als es ohnehin schon ist“, erklärt Burtscher weiter.
Die vierte industrielle Revolution sei längst im Gange, ist Burtscher überzeugt. Und das auch in Vorarlberg. Gemessen an den Beschäftigten in der Industrie ist Vorarlberg nämlich das am stärksten industrialisierte Bundesland Österreichs. Der IV-Geschäftsführer beschwichtigt jedoch: „Es wird auf dem Arbeitsmarkt sicher keinen schlagartigen Umbruch von heute auf morgen geben.“ Viele Unternehmen seien hinsichtlich der Digitalisierung und Vernetzung schon sehr weit fortgeschritten, mitunter geschehe der Prozess unbewusst. „Natürlich unterscheidet sich das je nach Branche und Unternehmen“, erklärt Burtscher. „Aber bis in den nächsten fünf Jahren werden sich wahrscheinlich sehr viele Betriebe unweigerlich mit Industrie 4.0 beschäftigen müssen.“
Selbst die intelligenteste Fabrik nutzt ohne die menschliche Arbeitskraft rein gar nichts.
Mathias Burtscher