Die digitale Chance
Politiker sprechen nicht gern darüber, das Thema gilt als abgehoben, als undankbar, als keine Wahlstimmen bringend. Wir alle haben es schon zu oft als Zukunftsthema in Floskeln verpackt gehört. Jedoch erleben wir derzeit tatsächlich die grundlegendste Veränderung seit der Industrialisierung. Die Digitalisierung bringt für jede Branche Überraschungen. Gute und ja, auch schlechte. Jedenfalls Neuigkeiten, die uns den Mut zur Veränderung immer schmackhafter machen.
Künstliche Intelligenz, kurz KI, steckt in immer mehr Produkten unseres Alltags. Egal, ob Ihre Heizungssteuerung lernt, wann Sie zuhause sind und wann nicht oder Ihr Versicherer entscheidet, ob er Sie privat versichert oder nicht. Oder ob Ihre Kundenanfrage nicht vom Callcenter, sondern von Bots beantwortet wird. Mathematische Formeln und Programmcodes beeinflussen unser Leben heute schon maßgeblich.
Nein, die Digitalisierung ist wahrhaftig kein Thema, das künftig für uns relevant wird. Vorarlberg hat heute schon Unternehmer, die federführend im 3D-Druck sind. Vorarlberg forscht heute schon an zentimetergenauer Positionsbestimmung für selbstfahrende Autos. Und Elektroautos mit Autopilot fahren heute schon dank selbstverbessernden Algorithmen ganz elegant auf der Rheintalautobahn.
Die Digitalisierung ist längst für Vorarlberg relevant, für jedes Unternehmen. Es lohnt sich, schon mal voranzugehen, Erfahrungen zu sammeln und einen Diskurs über die fraglos heftigen gesellschaftlichen Auswirkungen zu beginnen.
Handeln wir dementsprechend? Diese Frage muss sich jeder von uns gefallen lassen. Denn wir haben eine verführerische Position. Vorarlberg ist jenes Bundesland, das aus Tradition behauptet, überall federführend zu sein – oft ohne zu wissen, wo andere Regionen wirklich stehen.
Sorgenvoll stimmt auch, dass Vorarlberg jenes Bundesland ist, das keine Universität sein Eigen nennt. Wer an die Uni will, muss über die Landesgrenze oder über den Arlberg, jedenfalls weg aus Vorarlberg. Und zurück kommt von jenen, die wir in die Ferne schicken, gefühlt weniger als ein Drittel.
Der bundespolitische Kontext lässt den Schluss zu, dass neben den nächsten Beliebtheitswerten hauptsächlich ein Neuwahltermin im Herbst 2017 im Fokus des Handelns steht. Ob aber die Republik noch in der Lage dazu ist, Wahlen durchzuführen, bleibt unklar.
Unternehmer kennen das: Wer jammert, wer sich nur auf die Politik verlässt, wird am Ende nicht auf dieser Bühne stehen. Wir stehen mitten in großen Veränderungen. Veränderungen einfach geschehen zu lassen, ist nicht unsere Art. Vorarlberger Wirtschaftstreibende zeichnet es aus, Veränderungen aktiv mitzugestalten.
Auch das Vorarlberger Wirtschaftsforum wandelt sich, gemeinsam mit Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung setzen wir in diesem Jahr klarer als bisher digitale Impulse. „Global. Lokal. Digital.“ ist die Chance, die sich Vorarlberg bietet.
gerold.riedmann@vorarlbergernachrichten.at, Twitter: @geroldriedmann, Tel. 05572/501-320
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