Die Stones sind eingeweiht

Es Devlin, die neue Seebühnenbildnerin der Festspiele, schürt Erwartungen, Elisabeth Sobotka bietet mehr.
Bregenz. „Ja, ja, ja“, lautete die Antwort auf die Frage, ob die britische Künstlerin Es Devlin, die im Musiktheaterbereich ebenso tätig ist wie für die Olympischen Spiele oder Rock-Megastars, einmal auf der Bregenzer Seebühne arbeiten möchte, und zwar nicht weil dort ein großes Rockkonzert stattfindet, sondern weil Bizets Oper „Carmen“ aufgeführt wird. In wenigen Monaten ist es so weit. Auf dem noch nackten Gerüst, das auf dem winterlichen See heranwächst, werden bald Spielkarten zu sehen sein, die in der neuen Bühnenskulptur eine entscheidende Rolle innehaben, und offenbar geht es auch darum, welche das sind. Denn Kasper Holten, der dänische Regisseur und Intendant des Royal Opera House in London, will die Frage in den Mittelpunkt rücken, wer diese berühmte Opernfigur Carmen denn überhaupt ist, die es bezüglich des Bekanntheitsgrades und der Vielschichtigkeit mit Don Giovanni aufnehmen kann. Gefragt werden soll auch, wie sie zu dieser Frau wurde und was es mit den Karten und dem Fluch auf sich hat.
80 Veranstaltungen
Optimistisch gestimmt, hatten sich Intendantin Elisabeth Sobotka, Präsident Hans-Peter Metzler, der kaufmännische Direktor Michael Diem und Kasper Holten jüngst jedenfalls lauter Asse als Kulisse ausgesucht, um ein umfangreiches Programm für den Sommer 2017 zu präsentieren. Insgesamt 80 Veranstaltungen werden angeboten, 214.000 Karten wurden aufgelegt, nahezu die Hälfte der 193.000 Karten für die Oper „Carmen“ auf dem See (gerechnet ohne Generalprobe) sind bereits gebucht.
Wie zum Ende der Saison 2016 gegenüber den VN angedeutet, hat nun auch das über mehrere Jahre bzw. noch unter dem früheren Intendanten David Pountney weggelassene Sprechtheater wieder Platz. Vorerst ist es ein Gastspiel aus dem Gorki-Theater in Berlin. Die inhaltlich hervorragende Andockmöglichkeit an die Opernproduktion im Festspielhaus, nämlich Rossinis „Moses in Ägypten“, war ausschlaggebend für die Wahl. In Zukunft sollen in Bregenz auch wieder Premieren möglich sein. Dass das Schauspiel ein kontinuierlicher Faktor im musiklastigen Programm bleibt, dafür kann Elisabeth Sobotka somit garantieren. „The Situation“ von Yael Ronen bildet Wiederbegegnungen von Menschen aus dem Nahen Osten in Deutschland ab. „Es ist eine Katastrophe für uns, dass wir es nicht schaffen, dass dort wieder Frieden herrscht“, verdeutlicht Sobotka die Relevanz der Thematik.
Auch weitere Projekte stehen in Bezug zueinander. Nachdem das Kollektiv Hotel Modern an der von Lotte de Beer inszenierten Rossini-Oper beteiligt ist, wird es auch ein eigenes Projekt, nämlich Wagners „Ring in 90 Minuten“ zur Aufführung bringen. Sind es einmal Puppen, die es ermöglichen, den schwer darzustellenden Operninhalt mit den biblischen Plagen und der Meeresteilung plausibel zu machen, so wimmelt es in der berühmten Tetralogie von Insekten.
Junge Sänger
Der Mozart-Da-Ponte-Zyklus wird 2017 mit „Die Hochzeit des Figaro“ beendet, eine Fortsetzung des Opernstudios, einer Plattform, auf der junge Sänger ein hochprofessionelles Umfeld vorfinden, ist vorgesehen. Schon im ersten Jahr der Intendanz von Elisabeth Sobotka hatte Annika Schlicht die Dorabella in „Cosi fan tutte“ gesungen, 2016 begeisterte sie in „Make no noise“ von Miroslav Srnka. Im letzten Sommer sang der Tiroler Wolfgang Schwaiger den Don Giovanni. Er wird in diesem Jahr als Morales auf der Seebühne stehen. Mit „To the Lighthouse“ nach einem Roman von Virginia Woolf beobachtet das Publikum bereits seit eineinhalb Jahren das Entstehen einer Oper von Zesses Seglias, die nun mit Musikern des Symphonieorchesters Vorarlberg uraufgeführt wird.
Zugänglich machen
Erinnern Sie sich noch an „Die Legende von der unsichtbaren Stadt Kitesch“ von Rimskij-Korsakow? 1995 hatten die Festspiele diese Oper im Programm. Harry Kupfer inszenierte, einer seiner Assistenten war Kasper Holten. „Wenn mir damals jemand gesagt hätte: ‚Du kommst in 20 Jahren zurück und machst eine Oper auf dem See‘, hätte ich das niemals geglaubt“, erinnert sich der Regisseur, der darauf setzt, Opern so zugänglich wie nur möglich zu machen, dabei aber auf höchste Qualität bedacht zu sein. Eine reizvolle Episode hat er noch zu erzählen. Als er einmal mit Es Devlin das Konzept für „Carmen“ durchging, wurde sie von Anrufen unterbrochen. Weil es Mick Jagger war, der mit der Bühnenbildnerin noch Details für ein Konzert abklären wollte, nahm sie das Telefon ab, entschuldigt sich aber vielmals. Wenn sie demnächst also mit den Stones zusammensitzt und sich gerade Kasper Holten meldet, werden also auch diese wissen, dass sie nicht nur Opern ausstattet, sondern auch große Produktionen auf einem See, wobei dieses Mal übrigens auch das Wasser eine Rolle spielt.


Das, was Festspiele können, ist, sich auf Themen, auf Stücke und ein wenig ausgefallenere Inszenierungen oder Herangehensweisen zu konzentrieren. Mir ist es ein großes Bedürfnis, diese drei genialen Orte zu bespielen. Das hat in der letzten Saison gut geklappt. In der nächsten kommt mit dem Schauspiel ein Genre zurück.
Elisabeth Sobotka

Wir befinden uns in einem sehr guten Zustand und sind gut für das neue Jahr aufgestellt. Ich kann das bestätigen, was sich am Saisonende gezeigt hat. Das liegt daran, dass die Programmierung der Intendantin voll eingeschlagen hat. Sie war künstlerisch ein Erfolg und ist nachhaltig, dadurch ist die Akzeptanz groß.
Hans Peter Metzler

Man entwirft eine Bühne und muss dabei an den Wasserstand denken; ich habe nie gedacht, dass das einmal so sein wird. Meine Mission ist es, dass man an die Qualität glauben und versuchen muss, Opern zugänglich zu machen. Eine Hip-Hop-Oper zu machen, damit die Jungen kommen, das ist es nicht.
Kasper Holten

Der Kartenvorverkauf läuft gut. Bei den Sponsoren bzw. der Sponsorenfindung macht es die Mischung aus. Wir haben Partner, die schon über 30 Jahre da sind. Die Sponsoren können sehr genau eine gewisse Klientel ansprechen. Wir haben inhaltlich ein breites Sortiment, und auch geografisch sind wir gut in der Region verankert.
Michael Diem