Gemeinsam gegen das Schicksal

Extra / 28.12.2017 • 12:51 Uhr
Eliane Hatzak und Krankenpfleger Bernd Manahl kümmern sich umsichtig um Gerhard Hummer.vn/sams
Eliane Hatzak und Krankenpfleger Bernd Manahl kümmern sich umsichtig um Gerhard Hummer.vn/sams

Eliane Hatzak kümmerte sich um umfassende Hilfsmittelversorgung für Opfer des Amoklaufs.

rankweil Ist es eine gute Neuigkeit, die Eliane Hatzak (52) erzählen kann? Sie selbst ist sich nicht ganz sicher. Nachdenklich hält sie ein paar Minuten inne. Dann kommt die  Ergotherapeutin zu einer für sie schlüssigen Erklärung: „Es ist die bestmögliche Nachricht im Rahmen des schlimmst Vorstellbaren.“ Das erlebte Gerhard Hummer im Mai 2016. Bei einem Amoklauf in Nenzing wurde er durch eine Kugel aus einem Sturmgewehr schwerst verletzt. Seit dem ist der Familienvater vom zweiten Halswirbel abwärts gelähmt. Dennoch hat er dem Schicksal ein Stück Lebensqualität abgetrotzt. Dank seiner Familie, die ihm eine große Stütze ist, aber auch dank seiner Freunde und Arbeitskollegen und nicht zuletzt der umsichtigen medizinischen Betreuung, die ihm im Landeskrankenhaus Rankweil zuteil wird. „Ich werde großartig unterstützt“, sagt Gerhard Hummer mit leiser Stimme und einem kleinen Lächeln. Dass er trotz seines Handicaps auch wieder mobil sein kann, ist mit ein Verdienst von Eliane Hatzak.

Ins Gesetz vertieft

Als es darum ging, ihrem Patienten die notwendige Hilfsmittelversorgung zu organisieren, setzte sie alle Hebel in Bewegung. Sogar das Verbrechensopfergesetz durchforstete Eliane Hatzak in ihrer Freizeit. Dabei ging es in erster Linie um die Anschaffung eines Spezialrollstuhls. „Ein Pflegerollstuhl, wie er vorgesehen war, hätte Gerhard Hummer nichts genützt“, sagt die erfahrene Ergotherapeutin. Der Elektrorollstuhl wurde schließlich auf unbürokratische Weise dem Patienten von der Krankenhausbetriebsgesellschaft (KHBG) zur Verfügung gestellt, auch wenn in seinem Fall sämtliche Rehakosten vom Sozialministerium übernommen worden wären. Denn würde ein Täter – wie dies beim Amokschützen von Nenzing zweifellos der Fall gewesen wäre – zu einer Haftstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt, hat ein Opfer nach dem Verbrechensopfergesetz Anspruch auf Kostenersatz.

Bis zu 35.000 Euro kostet eine solche Spezialanfertigung. „Das ist viel Geld, da darf man sich in der Ausstattung nicht vertun“, bemerkt Eliane Hatzak. Und sie wollte das Beste für Gerhard Hummer. Stunden investierte sie in Überlegungen, welche Hilfsmittel ihren Patienten in dem, was er selbst noch bewerkstelligen kann, optimal unterstützen. Und sie wurde fündig. Da gibt es zum Beispiel den sogenannten Brustharnisch, an dem die Vorrichtung montiert ist, mit der Gerhard Hummer allein mit seinem Kinn das Tablet bedienen und Kontakte pflegen kann. „Mit dem Brustharnisch bleibt der Körper stabil“, erklärt die Ergotherapeutin. Außerdem bekam der Rollstuhl ein Modul, das ihn in der Spur hält und Unebenheiten im Gelände ausgleicht. „Gerhard fährt damit über Stock und Stein“, erzählt Eliane Hatzak. Er nickt zustimmend.

Natur und Fußball

Gerhard Hummer ist gerne draußen unterwegs. Das war er früher schon. Die Berge fehlen ihm, wie er selbst sagt. Mittlerweile schaffte er es aber durch den Einsatz des Pflegeteams schon auf den Muttersberg. Hin und wieder sieht man den bekennenden Fußballfan Gerhard Hummer auch im Stadion des SCR Altach. Und einmal im Monat kann er einen Nachmittag lang nach Hause. Auch dafür sorgt die engagierte Pflege der Wachkoma­station. „Jeder Patient soll in seinem Tun möglichst weit kommen“, beschreibt Eliane Hatzak das Ziel der Therapie. In Anbetracht der Schwere seiner Verletzung hat auch Gerhard Hummer viel geschafft. „Ich konnte nicht reden, nicht schlucken. Jetzt kann ich sogar alles wieder essen“, spricht er von gewonnener Lebensqualität und vom „Glück im Unglück“. Denn zwei Männer, die während des Festivals in Nenzing neben ihm standen, sind tot.

„Ein Pflegerollstuhl, wie ursprünglich vorgesehen, hätte Gerhard Hummer nichts genützt.“

Gemeinsam gegen das Schicksal