Grippe bis zum Fieberwahn

Constanze Nemes und ihre Kinder waren ungeimpft und erlebten bittere Tage.
Feldkirch. (VN-mm) Den Impftermin hat sie nächste Woche. Vereinbart für sich und die Familie. Das sind der Ehemann und drei kleine Kinder im Alter von sechs, vier und eineinhalb Jahren. Constanze Nemes (41), Oberärztin an der Pathologie des LKH Feldkirch und dort Leiterin des Zytologischen Labors, gehört zu jenen, die in der vergangenen Grippesaison buchstäblich aus Schaden klug geworden ist. „Ich habe mich in meinem Leben noch nie so krank gefühlt“, konstatiert sie im Rückblick. Und Constanze Nemes macht sich heute bittere Vorwürfe, dass sie eine Impfung verabsäumte. Auch, weil sie davor noch Patienten obduziert hat, die an der echten Influenza gestorben sind. „Aber“, fügt die Ärztin erklärend an, „ich war damals einfach zu sehr mit meinen Kindern beschäftigt.“
Ein Trugschluss
Seit 16 Jahren arbeitet die gebürtige Wienerin im LKH Feldkirch. Vor 13 Jahren übersiedelte sie in die Pathologie, wo sie im Labor jeden Tag zahlreiche Abstriche analysiert, um Erregern auf die Spur zu kommen. „Ich weiß also, dass Grippeviren gefährlich sein können“, sagt Constanze Nemes. Sie habe auch nichts gegen Impfungen. Im Gegenteil. „Ich befürworte diese Maßnahme.“ Deshalb ärgerte sich die erfahrene Ärztin doppelt darüber, dass sie genau für die Grippeimpfung keine Zeit fand. Außerdem hatte sie gerade ihr drittes Kind bekommen und fühlte sich durch das Stillen geschützt. Und sie wollte sich und den Säugling durch eine Impfung nicht unnötig belasten. „Es erwies sich als Trugschluss“, weiß Nemes inzwischen. Denn die Grippe schlug mit aller Härte zu.
Doppelt und dreifach krank
Es begann damit, dass bei ihren älteren Kindern grippeähnliche Symptome auftauchten. Als nach drei Tagen keine Besserung eintrat, machte die Mutter einen Abstrich und ging damit zum Kinderarzt. Für ein Grippemedikament war es zu spät. Das verschrieb der Arzt ihrem Mann, der auch tatsächlich verschont blieb. Nicht so Constanze Nemes. Sie und das Baby erkrankten nur wenig später im Doppelpack. Vor allem der Mutter ging es „miserabel“. Das Fieber ließ sich kaum bändigen. Selbst fiebersenkende Medikamente brachten keine Linderung. Während eines Fieberwahns sprach Constanze Nemes sogar vom Sterben. „Da bekam es mein Mann mit der Angst zu tun und brachte mich in die Interne Ambulanz“, erzählt sie ihre Geschichte ganz offen. Doch viel konnte dort nicht getan werden.
Die nächste böse Überraschung wartete zu Hause. In der Nacht kamen die älteren Kinder buchstäblich auf allen Vieren ins Schlafzimmer der Eltern gekrochen. Sie konnten nicht mehr gehen, weil der Grippevirus eine Muskelentzündung verursacht hatte. Eine Woche lagen die Geschwister flach. Selbst schwer krank und dazu drei kleine Kinder, denen es ebenfalls schlecht ging: Mit Schaudern erinnert sich Constanze Nemes zurück. „Ich hatte furchtbare Angst“, gibt sie zu. Eben, weil sie um die Risiken der echten Influenza wusste.
Hohe Ansteckungsgefahr
Dass die Durchimpfungsrate speziell bei der Grippeimpfung immer noch sehr niedrig ist, bedauert die Medizinerin. „Man nimmt sich aus der Verantwortung, was die Übertragung von Grippeviren betrifft.“ Dabei ist die Ansteckungsgefahr enorm hoch. Deshalb ihr eindringlicher Appell: „Impfen lassen.“ Denn es gehe nicht nur um lebensbedrohliche Komplikationen. „Die Grippe kann auch Behinderungen verursachen“, denkt Nemes an jenen Patienten, dem aufgrund einer durch die Grippe verursachten Blutvergiftung beide Hände und Beine amputiert werden mussten. Und sie denkt an die Wirtschaft, der die Ausfälle durch Grippeerkrankungen ebenfalls teuer zu stehen kommen.
Influenza oder grippaler Infekt?
Influenza
Symptome: Plötzlicher Beginn mit hohem Fieber bis über 40 Grad, starke Kopf-, Hals-, Muskel- und Gliederschmerzen, oft trockener Reizhusten, Abgeschlagenheit und manchmal Übelkeit.
Dauer: mindestens eine Woche, häufig länger, bis zu vier Wochen.
Schwerwiegende Komplikationen: Lungen-, Herzmuskel- und Gehirnentzündungen, Verschlechterung von chronischen Erkrankungen.
Grippaler Infekt
Symptome: Sich langsam steigernde Körpertemperatur bis deutliches Fieber, Schnupfen (meist erstes Symptom) und Husten.
Dauer: eine Woche
Komplikationen: in der Regel keine
Grippeimpfaktion bis 31. Dezember in allen Apotheken.
Kosten des Impfstoffs 13 Euro.