Soziale Ausgrenzung und immer noch viele Vorurteile

Gesund / 14.02.2014 • 11:21 Uhr

Sozialpsychiatrische Dienste der aks gesundheit unterstützen Betroffene gezielt.

bregenz. Am 20. Februar wird der „Internationale Tag der sozialen Gerechtigkeit“ begangen. Christina Fischer von den sozialpsychiatrischen Diensten der aks gesundheit begleitet Menschen mit psychiatrischen Diagnosen in ihrem Krankheits- und Genesungsprozess. Ihre Erfahrung: „Psychische Erkrankungen lassen sich immer effektiver und wirksamer behandeln. Dennoch ist der erkrankte Mensch oft mit erheblichen Vorurteilen konfrontiert“, stellt die diplomierte Sozialarbeiterin fest.

Angstbesetzte Diagnose

Die Diagnose „Psychisch krank“ ruft bei Betroffenen große Angst vor sozialer Abgrenzung in allen Lebensbereichen hervor. Auch deshalb halten viele Erkrankte die Diagnose so lange wie möglich geheim. Die Gesellschaft wiederum bestätigt häufig solche Bedenken, indem sie psychisch Erkrankten mit großer Unsicherheit und Angst begegnet. Der Erkrankte selbst fürchtet, als verrückt oder sogar gefährlich abgestempelt zu werden. Speziell im psychiatrischen Bereich ist die Grenze zwischen Krankheit und Gesundheit fließend und nicht immer eindeutig festzulegen. „Jeder Mensch ist mit seiner Erkrankung einzigartig und erlebt sie anders“, so Christina Fischer.

Gefahr der Stigmatisierung

Betroffene kämpfen jedoch oft mit Zurückweisung im Freundeskreis, in der Familie, am Arbeitsplatz oder bei der Wohnungssuche. Daraus resultieren in vielen Fällen der Verlust des Lebensstandards, finanzielle Schwierigkeiten und Arbeitslosigkeit bis hin zur sozialen Isolation. „Diese Stigmatisierung wiegt oft gleichschwer, wenn nicht sogar schwerer als die Erkrankung selbst, denn die Gefahr der sozialen Ausgrenzung bei psychischen Erkrankungen ist eindeutig höher als bei körperlichen“, betont Fischer. Sie erfahre tagtäglich die Ausgrenzung, mit der Klientinnen und Klienten permanent konfrontiert seien.

Eine 2004 in Großbritannien veröffentlichte Studie untermauert diese Erfahrungen mit ähnlichen Ergebnissen. Sie zeigt, dass Erwachsene mit psychischen Störungen nur zu 24 Prozent erwerbstätig sind und ein doppelt so hohes Risiko haben, ihre Arbeit zu verlieren. Gleich dreifach höher ist ihr Risiko, in eine erhebliche Verschuldung abzugleiten. Ebenso deutlich höher ist die Gefahr, geschieden zu werden. Laut Studie haben psychisch Kranke außerdem häufiger Mietrückstände. Ebenso laufen sie öfter Gefahr, ihre Wohnung zu verlieren.

Ein weiteres bemerkenswertes und bedenkliches Detail, das die Studie enthüllt: Nicht weniger als 40 Prozent der Betroffenen, die gemeindepsychiatrische Hilfen in Anspruch nehmen, haben ausschließlich Kontakt zu anderen Patienten und Betreuern. Kaum verwunderlich also, dass sich 80 Prozent isoliert und ins Abseits gestellt fühlen. Eine psychische Erkrankung betrifft allerdings immer das ganze Umfeld. Angehörige leiden oft genauso unter Vorurteilen und Ausgrenzungen. „Aus diesem Grund ist ein gesellschaftliches Umdenken und bewusstes Auseinandersetzen mit der Erkrankung dringend nötig“, betont Christina Fischer.

Ein entscheidender Faktor ist auch, Räume zu schaffen, in denen sich der erkrankte Mensch wohlfühlt und in seinem gesamten Wesen angenommen wird. „Ziel unserer Arbeit ist es, unseren Klientinnen und Klienten diesen Platz zu geben und sie zu stärken“, erklärt Fischer.

Die Sozialpsychiatrischen Dienste der aks gesundheit bieten neben individuell zugeschnittenen Rehabilitations- und Beratungsangeboten auch ein umfangreiches Freizeit- und Bewegungsangebot.

Ein Umdenken und bewusstes Auseinandersetzen mit der Krankheit ist dringend erforderlich.

christina fischer