Es war gut gemeint
Die Dame zeigte Zähne. Wie, empörte sie sich, könne pflegenden Angehörigen geraten werden, sich mit einem Bad zu verwöhnen. Was die wohl mehr bräuchten, seien Informationen, wo sie Unterstützung bekommen. Aber ihnen empfehlen, sich in die Badewanne zu legen … nein, das könne es wohl nicht sein. Sie hatte sich richtig in Rage geredet. Die anderen im Raum hörten einigermaßen konsterniert zu.
So ganz falsch lag die Frau mit ihrem Einwand nicht. Die Broschüre vermittelte tatsächlich das Bild einer Welt, die so heil nicht mehr ist, wenn für Angehörige Pflegearbeiten geleistet werden müssen. Das weiß jeder, der in diesem System steckt oder schon einmal gesteckt ist. Sich hin und wieder selbst in den Mittelpunkt zu stellen und sich außerhalb des Pflegealltags etwas zu erlauben, fällt ungemein schwer. Denn der Gedanke, dass da jemand wartet, der einen vielleicht gerade in diesem Moment besonders dringend braucht, lässt sich nicht verscheuchen wie eine lästige Fliege. Er krallt sich fest, setzt sich tief ins Herz … und lässt uns eben handeln, wie wir letztlich handeln.
Dennoch sollte das Bemühen anderer, mit Vorschlägen zur Selbstsorge zu helfen, anerkannt und nicht gleich in Grund und Boden gestampft werden. Es war schließlich gut gemeint. Denn nichts verliert sich schneller aus den Augen als das eigene Wohl, wenn es um das Wohl anderer geht. Deshalb braucht es mitunter Zurufe von außen, egal, wie banal sie erscheinen mögen. Damit die eigene kleine Welt nicht wirklich irgendwann in Trümmern liegt.
marlies.mohr@vorarlbergernachrichten.at
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