Fette gegen Kohlenhydrate
Müssen die internationalen Ernährungsempfehlungen umgeschrieben werden? Zu diesem Schluss kommen die Autoren zweier Studien (PURE), die kürzlich im Medizinjournal „The Lancet“ publiziert wurden. Die Forscher haben in 18 Ländern auf fünf Kontinenten 135.000 Frauen und Männer im Alter von 35 bis 70 Jahren untersucht und durchschnittlich über 7,4 Jahre beobachtet. Die neuen Forschungsergebnisse besagen, dass nicht das Fett in unserer Ernährung das Risiko für vorzeitigen Tod erhöht, vielmehr sind es die hohen Anteile an Kohlenhydraten, die uns vor der Zeit killen.
Menschen mit einer Fettaufnahme von etwa 35 Prozent des täglichen Kalorienbedarfs hatten ein 23 Prozent niedrigeres Risiko für frühen Tod und 18 Prozent weniger Schlaganfälle im Vergleich zu Menschen, die weniger Fett essen, sagt die federführende Studienautorin Mahshid Dehghan vom Gesundheitsforschungsinstitut der McMaster Universität in Ontario. Ferner stellen die Forscher fest, dass eine sehr niedrige Aufnahme (unter drei Prozent) von gesättigten Fetten täglich in ihrer Studie mit einem erhöhten Todesrisiko verbunden war, verglichen mit Diäten mit bis zu 13 Prozent. Es gibt keine Hinweise, sagt die Erstautorin, dass eine Ernährung mit unter zehn Prozent gesättigten Fetten Vorteile hat und unter sieben Prozent sogar schädlich sein kann.
Auch eine Ernährung mit einem hohen Anteil von verarbeiteten Kohlenhydraten von durchschnittlich 77 Prozent hat gegenüber einem niedrigen Kohlenhydratanteil ein erhöhtes Sterberisiko. In der Studie zeigte sich, dass mehr als die Hälfte aller Teilnehmer 70 Prozent ihrer Kalorien durch Kohlenhydrate abdeckte. Die Autoren empfehlen eine Reduktion auf 50 bis 55 Prozent, damit bleiben zehn bis 15 Prozent Eiweißanteile. Der zweite Teil dieser Studie untersucht den Konsum von Gemüse, Hülsenfrüchten und Obst. Drei bis vier Portionen (entsprechend 375 bis 500 g) täglich reduzieren das vorzeitige Sterberisiko, fünf Portionen haben keinen zusätzlichen Nutzen. Bei allen Auswertungen wurden sehr viele Einflussgrößen wie Bildung, Einkommen, Lebensstil, bestehende Krankheiten und Familiengeschichte statistisch berücksichtigt.
Kürzlich hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung ihre zehn Gebote aktualisiert. Tendenziell habe ich den Eindruck, es geht in dieselbe Richtung: Lebensmittelvielfalt genießen, Gemüse und Obst – „Nimm fünf am Tag“ – Vollkorn wählen, mit tierischen Lebensmitteln die Auswahl ergänzen, gesundheitsfördernde Fette nutzen, Zucker und Salz einsparen, am besten Wasser trinken, schonend zubereiten, achtsam essen und genießen, auf das Gewicht achten und in Bewegung bleiben.
In den letzten Jahren neigt die Wissenschaft immer mehr zur Ansicht, dass in der westlichen Ernährung weniger Kohlenhydrate zugunsten von Fettkalorien konsumiert werden sollten. Lassen Sie sich von Expertinnen beraten.
„Der typische hohe Anteil von Kohlenhydraten in unserer Ernährung sollte durch mehr Fettanteile ersetzt werden.“
Hans Concin
hans.concin@vn.at
Prim. a. D. Dr. Hans Concin, Präsident aks Verein
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