Sport richtig dosieren

Bewegung auf Rezept und Schrittzähler können motivierend unterstützen.
Bremen Sport wirkt lebensverlängernd. „Bereits frühe epidemiologische Studien zeigten, dass zunehmende körperliche Aktivität, zum Beispiel bei Absolventen der Harvard University, mit einer niedrigeren Mortalität verbunden war, und das auch nach der statistischen Berücksichtigung von zusätzlichen Faktoren, wie Rauchen oder Diabetes“, betont Prof. Harm Wienbergen vom Bremer Institut für Herz- und Kreislaufforschung (BIHKF) am Klinikum Links der Weser.
Die Mechanismen, über die Sport seine Wirkungen ausübt, sind komplex und vielfältig. Eine zentrale Rolle bei der Funktion des Endothels, der inneren Schicht, mit der Blutgefäße ausgekleidet sind, spielt die Bioverfügbarkeit von Stickstoffmonoxid (NO). Durch körperliches Training wird die NO-Verfügbarkeit gesteigert. Es kommt zusätzlich zu einer Reduktion freier Radikale, die ansonsten NO abbauen würden. Wienbergen: „Diese Mechanismen bewirken eine bessere Endothelfunktion.“ Eine eingeschränkte Endothelfunktion erhöht das kardiovaskuläre Risiko, das konnte in mehreren Studien dokumentiert werden. Und dass Training, etwa bei Patienten nach Herzkatheter-Interventionen, zu einer Verbesserung der Prognose sowie der Lebensqualität führt, konnte ebenfalls gezeigt werden.
Vielfältige positive Effekte
Mittlerweile ist es auch gelungen, direkte Effekte von Sport auf die Durchblutung des Herzmuskels nachzuweisen. Wienbergen: „Ein weiterer positiver Mechanismus von Sport bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit ist die Verbesserung der Funktion von Kollateralen, also Umgehungen von eingeengten oder verschlossenen Herzkranzgefäßen. Das konnten Möbius-Winkler und Mitarbeiter in der EXCITE-Studie zeigen. Wir haben also eine Vielzahl von Daten, die uns Aufschluss darüber geben, dass Sport positive Effekte bezüglich kardiovaskulärer Erkrankungen hat.“
Damit stellt sich die Frage: Welcher und wie viel Sport wäre in Sachen Herzgesundheit ratsam? Die Leitlinien empfehlen für gesunde Personen mindestens 150 Minuten pro Woche Training moderater Intensität oder 75 Minuten pro Woche Training hoher Intensität. Zur Unterscheidung von moderater und hoher Intensität empfiehlt Wienbergen den „Talk Test“: Training hoher Intensität bedeutet schwere Atmung, eine Konversation ist nicht mehr möglich. Wichtig ist, dass die Dosis des Trainings individuell angepasst wird. Bei Patienten mit Vorerkrankungen müssen diese Berücksichtigung finden, und es sollte ein individuell abgestimmtes, ärztlich kontrolliertes Trainingsprogramm erstellt werden.
Präventionsprogramme
Ob die Effekte von Sport in sehr hohen Intensitäten mit moderatem Training vergleichbar sind, ist unter kardiologischen Aspekten ein kontroverses Thema. Wienbergen weist auf Studien hin, die die günstigen Effekte von Sport bei sehr hoher Intensität nur abgeschwächt oder gar nicht mehr zeigen. Allerdings zeigen nicht alle Studien übereinstimmend dieses Ergebnis. „Es handelt sich um Beobachtungsstudien mit möglichen Selektionseffekten, insofern ist die Datenlage hierzu noch unklar. Für die Mehrheit der Bevölkerung gilt aber, dass zu wenig Sport getrieben wird.“
Harm Wienbergen zur Problematik: „Um der zunehmenden körperlichen Inaktivität in der Bevölkerung entgegenzuwirken, sind Methoden zur Motivation wichtig. Dazu gehört nicht zuletzt eine Optimierung der Kommunikation, wie zum Beispiel das Rezept für Bewegung. Auch der Einsatz von tragbaren Devices wie Schrittzählern und Apps sowie die Implementierung langfristiger Präventionsprogramme bewähren sich.“