Der Patient Erde

Gesund / 26.04.2019 • 09:03 Uhr
Bedrohungsszenario: eine aus dem Gleichgewicht geratene Ökologie.AFP
Bedrohungsszenario: eine aus dem Gleichgewicht geratene Ökologie.AFP

Medicinicum in Lech befasst sich mit Themen der Ökologie und Ökonomie.

Lech „Zeitgeistiger geht es wohl nicht mehr“, bringt Prof. Markus Metka (67) den Inhalt des diesjährigen Medicinicums in Lech auf den Punkt. Es geht um den gesunden Menschen in einer gesunden Umwelt. Was Letzteres betrifft, ist bekanntermaßen in den vergangenen Monaten einiges in Bewegung geraten. Vor allem junge Leute gehen für die Umwelt auf die Straße. Das imponiert dem wissenschaftlichen Leiter dieser inzwischen etablierten Public-Health-Veranstaltung besonders. Wenn sich schon die Jugend für die Zukunft stark macht, sollten das seiner Meinung nach erst recht die Ärzte tun. „Friday for future“ und „Doctors for future“, schwebt dem gebürtigen Vorarlberger vor. Um beide Seiten zusammenzuführen, will Metka auch junge Leute aus der „Friday-for-future“-Bewegung zum Medicinicum einladen. „Sie sind wie ein Jungbrunnen für mich“, befindet der renommierte Anti-Aging-Mediziner.

Schlüsselfrage Ökologie

Heuer findet das Medicinicum vom 4. bis 7. Juli 2019 statt. Unter dem Titel „Ökologie als Schlüsselfrage für unsere Gesundheit und Zukunft“ erläutern bekannte Referenten ihre Sicht der Dinge. Mit dabei ist unter anderem Helmut Burtscher-Schaden von Global 2000 und Mitinitiator der Initiative „Stopp Glyphosat“. Der Vorarlberger und seine Mitstreiter haben es immerhin geschafft, dass alle Studien, auch negative, bei einem Zulassungsverfahren berücksichtigt werden müssen. „Ein solches Engagement beweist, dass sich etwas bewegen lässt“, meint Markus Metka. Alexander Egit, Geschäftsführer von Greenpeace in Zentral- und Osteuropa, spricht statt vom Klimawandel, da zu harmlos klingend, lieber von der Klimakrise. Er thematisiert deren weitreichenden Einfluss auf unsere Gesundheit. Ebenfalls unter den Vortragenden sind VN-Kolumnist Hans Concin (Allergien), Chronobiologe Jan-Dirk Fauteck (Lichtverschmutzung) sowie Armin Fiedler, der für die WHO sowie bei der Weltbank als Chefberater für Gesundheitspolitik und –strategie tätig war.

Markus Metka sieht aber auch Gesellschaft und Handel in der Pflicht. Es sei ein grundlegendes Umdenken nötig. „Sonst führt eine entfesselte Ökonomie ins ökologische Desaster.“ Metka zitiert aus einer französischen Studie, laut der ein Verzehr von biologisch erzeugten Lebensmitteln das Krebsrisiko um 25 Prozent senken kann. „Eine nachhaltige Agrarpolitik dient also der Gesundheitsvorsorge“, merkt er an. Was den Handel betrifft, macht er vor allem die multinationalen Lebensmittelkonzerne für die zunehmende Abhängigkeit der Menschen von Zucker, Salz und schlechten Fetten verantwortlich. Das Medicinicum hat mit Spar Österreich zwar ebenfalls einen großen Lebensmittelhändler als Hauptsponsor, aber: „Der Handel kann ein Vermittler sein zwischen Konsument und Lebensmittelindustrie“, argumentiert Markus Metka.

Die Industrie verfolge nur den Zweck der Gewinnmaximierung, der Handel trage dagegen dem Konsumenten gegenüber eine Verantwortung. „Spar versucht, Wirtschaft und Ethik zu verbinden“, lobt Metka dieses Anliegen.

Patient Erde

Laut Markus Metka ist die Ökologie und Ökonomie auch ein wichtiges Thema für die Medizin geworden. „Was nützen uns medizinische Errungenschaften, wenn der Patient Erde ins Koma fällt und Zivilisationskrankheiten noch stärker zunehmen?“, fragt er. Zwar friste die Umweltmedizin noch ein eher stiefmütterliches Dasein, doch der Hippokratische Eid verpflichte die Ärzte, die Patienten vor Schaden zu bewahren. Dazu würden auch die Bedrohungen einer aus dem Gleichgewicht geratenen Ökologie gehören. „Die Zusammenhänge sollten von Ärzten viel stärker in den Fokus gerückt werden“, sieht Metka da noch großen Aufholbedarf. VN-MM

„Die Zusammenhänge sollten von Ärzten viel stärker in den Fokus gerückt werden.“

Weitere Infos und Anmeldemöglichkeiten unter www.medicinicum.at