Fasten und neues Leben
„Lockdown? Corona? Fasten? Was ist das überhaupt noch für ein Leben?“, schimpften die beiden jungen Leute vor sich hin. Sie fläzten auf der Lehne einer Bank und plagten sich offenbar mit einer Sinnkrise, wobei zumindest der Abstand gewahrt blieb. Zwei Babyelefanten wären zwar einer zu viel gewesen, aber immerhin. Den Platz in der Mitte der Bank beanspruchten zwei Packungen mit Energydrinks, beide schon angerissen. Die Burschen ließen die Dosen gemächlich und immer wieder von einer Hand in die andere gleiten, während sie sich über die Unbilden des Daseins echauffierten. Ich stand etwas abseits und wartete geduldig, bis mein Hund der Schnüffelei an einem Blatt überdrüssig würde. Und weil das dauerte, landeten Wortfetzen des Gesprächs immer wieder einmal auch bei mir.
Irgendwie lag der ganze Weltenschmerz eines noch jungen Lebens in der mehr oder minder lautstark geführten Unterhaltung. Zuletzt beflügelten die Dosendrinks die Laune dann aber doch. „Und“, schäkerten die Jugendlichen, „was sollen wir fasten?“ Als ich von meinem Spaziergang wieder an der Bank vorbeikam, hätte ich eine Antwort gehabt: Abfallfasten.
Später bin ich noch eine Runde gelaufen. Es gatschte hörbar unter meinen Schuhen. Regen und schmelzender Schnee haben die Erde bis zum Rand und ein bisschen weiter getränkt. Der Gedanke, dass daraus alsbald wieder neues Leben sprießen wird, beflügelte wiederum meine Laune. Diesen Aufbruch kann auch Corona nicht verhindern.
Marlies Mohr
marlies.mohr@vn.at
05572 501-385
Kommentar