Hinhören
Letztens sah ich mir nach längerer Zeit wieder einmal ein „Universum“ an. Es war keines von der brachialen Fressen-und-gefressen-werden-Sorte, sondern nur schön. Sir David Attenborough, preisgekrönter britischer Tierfilmer und Naturforscher, brachte dem Zuseher in wunderbaren Bildern verschiedenste Tiergesänge nahe. Der Melodienreigen schloss den riesigen Wal ebenso ein wie den kleinen Zaunkönig. Es war, gelinde gesagt, eine Wohltat, für einmal in eine Sendung einzutauchen, in der es eigentlich um nichts ging. Tierforscher würden ob dieser Aussage vermutlich lautstark aufbegehren, zumal auch Tierstimmen auf hochinteressante Zusammenhänge in der Natur schließen lassen, ich jedoch ließ mich einfach fallen in diese Leichtigkeit des Singsangs.
Inzwischen mache ich das gerne auch am frühen Morgen. Ich liege im Bett und warte auf das oder lausche bereits dem Zwitschern, das sich, wenn der erste Vogel angefangen hat, wie eine Kaskade fortsetzt und den anbrechenden Tag erfüllt wie ein Orchester einen Konzertsaal. Vergessen ist das wie über Schmirgelpapier gezogen anmutende Krächzen der Raben, das die kühlen Monate beherrschte. Jetzt ist Vielfalt zu hören. Lebendig und friedlich mutet das Gezwitscher an, ermuntert zum Innehalten, aber auch zum genaueren Hinhören. Auf beides vergesse ich allzu oft. Die Einförmigkeit des Alltags überlagert nicht selten das, was Freude und das Leben wertvoll macht. Hinhören, auch beim Nächsten. Das kann ebenfalls bereichern.
Marlies Mohr
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