Trotz allem verbunden

Sonja Amann schafft mittels Audio-Files Momente der Nähe, wo diese nicht möglich ist.
Dornbirn, Waldviertel Das Leben hat es mit Sonja Amann nicht immer gut gemeint. Die Dornbirnerin musste einige Schicksalsschläge einstecken. Doch sie ließ sich nicht brechen. „Ich bin ein Stehaufweibchen“, sagt sie und lächelt bei diesen Worten. Vor der größten Prüfung stand sie, als ihr Mann Andreas im Herbst 2020 mit Covid-19 auf die Intensivstation gebracht und in den künstlichen Tiefschlaf gelegt wurde. „Das Schlimmste für mich war, dass ich ihn nicht besuchen durfte“, erzählt Sonja Amann. In die abgrundtiefe Verzweiflung mischte sich schließlich eine Idee. Gemeinsam mit Toningenieur Andreas Mühlmann, einem langjährigen Freund der Familie, erstellte sie Aufnahmen, in denen sie ihrem Mann Briefe von Freunden vorlas und über Musik sprach, die das Ehepaar von Beginn an verbunden hatte.
Gute Wirkung
Jedes Mal, wenn das Pflegepersonal ihm die Kopfhörer aufsetzte und er die vertraute Stimme seiner Frau hörte, unterlegt mit Musik aus der gemeinsamen Zeit, wurde Andreas ruhiger und entspannter. Das bestätigten ihr auch die Pflegepersonen. „Die Möglichkeit, etwas für ihn tun zu können und mit ihm über diesen Weg Kontakt aufzunehmen, löste bei mir ein intensives Gefühl der Nähe und Verbundenheit aus“, berichtet Amann. Inzwischen hat sie die Idee weiterentwickelt und professionalisiert. „Together.Audio“ heißt ihr kleines Unternehmen, das per Audio-Files verbindende Momente in Situationen schafft, in denen jemand nicht direkt mit einem geliebten Menschen kommunizieren kann, etwa weil er im Tiefschlaf liegt oder an Demenz leidet. Sonja Amann möchte vermitteln: „Das Leben geht weiter, auch wenn es noch so aussichtslos erscheint.“
Vor zwölf Jahren zog sie nach Niederösterreich. „Ich stand kurz vor einem Burnout und wollte mein altes Leben hinter mir lassen“, schildert Sonja Amann ihre Beweggründe für den Umzug. Bald darauf lernte sie Andreas Bertel kennen. Mit ihm renovierte sie den „Rosenhof“ und werkte dort zufrieden als Landwirtin. Dann kam Corona und nahm ihr den Partner. Die Audio-Files mit Erinnerungen und Visionen eines gemeinsamen Lebens halfen ihr während seiner Zeit im Krankenhaus und danach, die Trauer zu bewältigen. „Ist sie vorbei, kommt alles wieder ins Laufen.“ Sonja lief weiter, gründete heuer mit Andreas Mühlmann „Together.Audio“. Ihre Vision ist es, jenen zu helfen, die sich in ähnlichen Situationen befinden wie sie selbst damals. „Bonding Moments minimieren das Gefühl des Alleinseins, das gilt für beide Seiten“, sagt Amann.
Erstgespräch und Begleitbuch
Die Audio-Files können bis zu 74 Minuten lang sein. Größter Wert wird auf eine gute Tonqualität gelegt. „Für die Entspannung ist es enorm wichtig, dass auch die Obertöne ins Gehirn kommen“, erklärt Mühlmann. Vor der Aufnahme führt Sonja Amann mit den Kunden ein Erstgespräch und erklärt den Ablauf. Außerdem erhalten sie ein Begleitbuch zugeschickt, das Anregungen für Texte und Geschichten enthält. Über einen QR-Code kann zusätzlich eine Hörprobe abgerufen werden. Falls bei der Ausarbeitung Hilfe erforderlich sein sollte, unterstützt Amann telefonisch. Der persönliche Kontakt ist der Vorarlbergerin wichtig. Nach dem Schnitt wird die Aufnahme noch mit der vom Angehörigen gewählten Musik hinterlegt. Fertiggestellt erhält der Kunde ein Set mit File, speziellen Kopfhörern und einem leicht bedienbaren Abspielgerät. Die Kosten betragen 1480 Euro, danach kann das Set um monatlich 150 Euro gemietet und, wenn es nicht mehr gebraucht wird, wieder zurückgegeben werden.
Die positive Wirkung von Musik auf Körper und Seele ist belegt und bestätigt. Für Sonja Amann ist es weit mehr, nämlich eine Liebeserklärung an ihren verstorbenen Mann und an ihr Leben. VN-MM
„Die Möglichkeit, etwas für ihn tun zu können, löste ein intensives Gefühl von Nähe aus.“

Weitere Informationen unter: www.together.audio