„Das ist keine gute Entwicklung“

Primar Andreas Reissigl von der Urologie im LKH Bregenz geht in Pension und resümiert.
Bregenz „Der letzte Monat!“ Andreas Reissigl (66) lächelt still in sich hinein. Nach 23 Jahren als Leiter der Urologie am Landeskrankenhaus Bregenz verabschiedet er sich in wenigen Tagen in den Ruhestand. Zweimal hat der gebürtige Tiroler seinen Arbeitsvertrag verlängert: „Jetzt freue ich mich auf die Pension.“ Sein Nachfolger steht, wie berichtet, ebenfalls schon fest. Mit Ende des Jahres wird der Südtiroler Stefan Aufderklamm die Abteilung übernehmen. Noch ist er an der Universitätsklinik für Urologie in Tübingen als leitender Oberarzt tätig. Neben der Laparoskopie, der Uro-Onkologie und der Neurourologie liegt ein Schwerpunkt von Aufderklamm auf der roboterassistierten Urologie. Er wird auch den OP-Roboter bekommen, für dessen Anschaffung sich schon Reissigl eingesetzt hat. Der freut sich für den designierten Primararzt, selbst wird er auch nicht ganz untätig bleiben, ab und an noch in Hochrum operieren und in Wolfurt ordinieren.
Keine Zeit für Resturlaub
Eigentlich wollte Andreas Reissigl noch seinen Resturlaub nehmen, doch das spielt sich nicht. „Ich bin mit letzten Operationen eingedeckt“, sagt er. Es klingt nicht unzufrieden. Er macht seinen Job immer noch gerne. Im November 2000 wurde Reissigl als neuer Primar der Urologie in Bregenz vorgestellt. Nach 17 Jahren an der Universitätsklinik Innsbruck, wo er die Prostataklinik geleitet und die Prostatavorsorge auf Schiene gebracht hatte, wechselte er an ein kleineres Haus. Ein Grund lag in Auffassungsunterschieden mit seinem damaligen Chef in Bezug auf die Prostatavorsorge. Weiter will Reissigl nicht zurückblicken, nur so viel: „Es war einfach Zeit, zu gehen.“ In Salzburg hätte es ebenfalls eine adäquate Stelle für ihn gegeben, doch der damalige Primar in Bregenz, Johannes Eberle, ein Freund aus Innsbrucker Zeiten, der in die Schweiz zurückwollte, machte Andreas Reissigl mit Erfolg die Stelle in Vorarlberg schmackhaft. Bereut hat er die Entscheidung „keinen Tag“.
Nachsorgeeinrichtung fehlt
Die Urologie im LKH Bregenz umfasst 20 Betten. Laut Geschäftsbericht wurden 2021 rund 4600 Belegstage, 2000 stationäre Patienten und 5000 Ambulanzfrequenzen gezählt sowie 1500 Eingriffe durchgeführt. Andreas Reissigl begann mit drei Ärzten, inzwischen sind es 10. „Es gab in der Urologie eigentlich nie Personalprobleme“, erzählt er, wohl aber zuweilen zu wenige Betten. Der Mediziner nickt bestätigend. Nicht in seinem Sinne ist auch die Entwicklung im Gesundheitssystem. „Die Bevölkerung wird älter, und die jungen Kolleginnen und Kollegen sind in jeder Hinsicht flexibel“, sinniert Reissigl. Was dem Akutspital jedoch besonders fehle, sei eine Nachsorgeeinrichtung. „Wir können die Patienten nicht ewig lang auf Station behalten“, fügt er an.
Nicht immer nur Wohlwollen
In seiner Abteilung hat er die Laparoskopie auf eine breite Basis gestellt und sich ebenfalls in der Etablierung der Prostatakrebsvorsorge eingebracht. Acht Jahre war Andreas Reissigl zudem ärztlicher Direktor des Landeskrankenhauses Bregenz. Anliegen im Sinne der Mitarbeitenden und Patienten regelte er, wenn nötig, mit entsprechend Nachdruck, was ihm nicht immer nur Wohlwollen in den Chefetagen einbrachte. „Es gab zum Teil schon harte Auseinandersetzungen“, räumt er mit einem Schmunzeln ein. Auch die Gesundheitsveranstaltungen „Mini Med“ und „Med Konkret“, bei denen Reissigl in der Programmleitung saß, waren ihm „als Informationsplattformen für die Bevölkerung“ wichtig. Mit der Pensionierung endet auch dieses Engagement. Ein bisschen Wehmut über den bevorstehenden Abschied aus der Spitalsarbeit ist spürbar, aber: „Jetzt ist der richtige Zeitpunkt gekommen.“ VN-MM