Regeln für Wohnkredite werden strenger

Ab 1. Juli können Wohnimmobilien nicht mehr vollständig fremdfinanziert werden.
Wohnkredite Die Hürde, eine Wohnung zu kaufen, wird künftig höher. Denn es müssen mindestens zwanzig Prozent des Kreditbetrages selbst zur Verfügung gestellt werden. Eine komplette Fremdfinanzierung ist damit passé. Mit 1. Juli 2022 tritt diese Neuregelung in Kraft – vorerst für drei Jahre.
Die beiden Vorstandsmitglieder der Finanzmarktaufsicht (FMA), Helmut Ettl und Eduard Müller, sind mit dieser Verschärfung zufrieden: „Außergewöhnliche Entwicklungen erfordern außergewöhnliche Schritte“, begründete FMA-Vorstand Ettl und spielt auf die Immobilienpreise an, die sich seit 2007 verdoppelt haben. Selbst in der Pandemie, im vierten Quartal 2021, sind die Immobilienpreise um mehr als zehn Prozent gestiegen.
Zinsen auf Rekordtiefstand
Hinzu kommt, dass die Kreditzinssätze für neu vergebene Wohnbaukredite seit Langem rückläufig sind. Dadurch sei die monatliche Belastung für einen Kredit in Höhe von 100 000 Euro auf 20 Jahre von rund 700 auf heute nur noch 475 Euro gesunken. Die Einkommen können da längst nicht mehr mithalten. Das heißt: Der Wert eines Jahresnettoeinkommens hat sich gemessen an den Immobilienpreisen deutlich verringert.
Explosive Mischung
Doch weil eine Finanzierung günstig ist und viele von Eigentum träumen, wächst die Zahl der vergebenen Wohnkredite stetig, zuletzt um knapp sieben Prozent. Das wiederum bedeutet, dass im Gegenzug die Überbewertung rasant zunimmt. Im vierten Quartal 2021 wurde sie von der OeNB auf 29,8 Prozent taxiert und liegt damit deutlich über dem Schnitt der Eurozone (15 Prozent). Das ist ein deutlicher Hinweis, dass der Markt zunehmend überhitzt. Eine weitere Gefahr steckt in der variablen Verzinsung der Wohnbaukredite. Das betrifft immerhin 40 Prozent. Sollten die Zinsen wieder anziehen und auf das Niveau von vor der Finanzkrise steigen, müsse bei variabler Verzinsung monatlich um 358 Euro mehr bezahlt werden, rechnet Ettl vor. Die OeNB empfiehlt deshalb, auf fixe Zinsen zu setzen, denn das künftige Risiko bei variablen Zinsen sei hoch.
Vergabestandards
Deshalb treten die Neuregelungen ab 1. Juli 2022 in Kraft. Für Kreditnehmer werden 20 Prozent Eigenkapital verpflichtend. Auch darf die Kreditrate maximal 40 Prozent des Nettoeinkommens ausmachen und die Rückzahlungsdauer der Hypotheken wird auf maximal 35 Jahre beschränkt.
Mit den neuen Regeln folgt man den wesentlichen Empfehlungen des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (ESRB) zu den Risiken im Wohnimmobiliensegment in Österreich. In 24 von 30 EWR-Ländern sind diese Kreditvergaberegeln nämlich längst Standard.
Wenig begeistert ist hingegen der Bankenverband. Bernhard Freudenthaler betont zwar den guten Austausch zwischen der FMA, der OeNB und der Kreditwirtschaft, wünscht sich aber ein ganzes Maßnahmenpaket, beispielsweise müsse das Förderwesen angepasst oder Maßnahmen zu den Leerständen getroffen werden. Nur die Banken in die Verantwortung zu ziehen, wirke nicht massiv auf die Immobilienpreise ein.
beispiel
Eigentumswohnung Kaufpreis 300.000 Euro (zuzüglich zehn Prozent Nebenkosten)
Eigenmittel 60.000 Euro
Kredit 270.000 Euro
ACHTUNG Die Kreditrate darf maximal 40 Prozent des Monatseinkommens ausmachen.
Monatseinkommen 3000 Euro
Rückzahlungsrate 1200 Euro