Hochsaison für Schindeler

HE_Brege / 15.09.2021 • 14:32 Uhr
Die klassischen Rundschindeln fertigt Albert Hager meist selbst.

Von Alberschwende bis Warth bekommen viele Projekte ihr Holzkleid.

Mellau, Schröcken Als Markenzeichen der Bregenzerwälder Holzbaukunst hat es das „Wälderhaus“ dereinst sogar auf den legendären 100-Schilling-Schein geschafft. Mit der durch Jahrhunderte bewährten Wälder Holzbauweise untrennbar verbunden ist das unübersehbare Detail der Fassade, vereinzelt auch des Dachs – dem Schindelkleid. Dieses erlebt in jüngster Zeit wieder eine wahre Blüte. Auch – oder gerade – bei Großprojekten, wie ein Streifzug durch die Region von Alberschwende bis Warth eindrucksvoll unterstreicht.

Es würde mehr vertragen

Verantwortlich für diesen Boom sind Architekten aus der Region, die auf Schindeln setzen – Hermann Kaufmann, Bernardo Bader, Rene Bechter, Johann Muxel oder Bernd Frick, um ohne Anspruch auf Vollständigkeit nur einige Beispiele zu nennen. Umgesetzt werden deren Pläne zu einem erheblichen Teil durch den Handwerksbetrieb von Albert Hager („der Schindeler“) aus Mellau, dem „es fast schon zu viel wird“, wie er im Gespräch mit der VN-Heimat einräumt. „Den einen oder anderen Betrieb in einer Größenordnung von sechs bis zehn Mitarbeitern würde es im Wald sicher noch vertragen“, ist er überzeugt. Mit acht ganzjährig beschäftigten Mitarbeitern und bis zu einem Dutzend in der sommerlichen Hochsaison ist er der größte derartige Betrieb in der Region. Seine Branchenkollegen – meist Kleinstbetriebe – hätten für größere Aufträge meist nicht genügend personelle Ressourcen, so Hager. Beweis dafür: So mussten sich beispielsweise für den Auftrag zum Schindeln des Warther Biberkopfs die Schindeler Helmut Lorenzi aus Au und sein Schnepfauer Kollege Daniel Hutle zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammenschließen, um das Projekt in der vorgegebenen Zeit abwickeln zu können.

Fehlende Produktionskapazität

Durch die Kleinheit fast aller Betriebe fehlen auch die Mitarbeiter, die für die Produktion entsprechender Mengen von Schindeln – dies geschieht zum größten Teil in den Wintermonaten – erforderlich wären. „Auch ich muss deshalb größere Mengen außerhalb des Landes zukaufen“, bedauert Albert Hager, obwohl er in seiner kleinen Werkstatt selbst fleißig heimische Schindeln produziert. Aber das betrifft in der Regel besondere Schindeln, die klassischen kleinen Rundschindeln, für kleinere Aufträge. Die müssen die Wälder Schindeler selber machen, weil es dafür kaum Lieferanten gibt.

Übersteigt Möglichkeiten

„Bei Großprojekten reicht die eigene Produktion aber bei Weitem nicht“, verweist Hager auf derzeit laufende oder heuer schon abgeschlossene Projekte. Darunter auch ein Prestigeauftrag außerhalb der Talschaft: In Furx hat Bernardo Bader eine Feriensiedlung geplant, für die Hager rund 335.000 Schindeln – etwa 2200 Quadratmeter Fichtenschindeln für die Fassaden und rund 900 Quadratmeter Lärchenschindeln für die Dächer – verarbeitet hat.

Dieses Mega-Projekt könnte aber noch übertroffen werden. „Auf Nesslegg habe ich den Auftrag für die ersten zwei Häuser erhalten und dafür rund 160.000 Schindeln benötigt. Das erweiterte und aufgestockte ehemalige Hotel Widderstein und zwei weitere Häuser sind noch im Bau und es ist durchaus möglich, dass ich auch dort zum Zug komme, aber über eine Auftragsvergabe wurde bisher noch nicht geredet.“ Sollte Hager auch diese Häuser schindeln, wäre es dann nach dem Projekt „Neue Schanze“ in Lochau-Tannenbach mit fast 7000 Quadratmetern und rund 800.000 Schindeln der zweitgrößte Auftrag der Firmengeschichte.

Das ist aber für heuer längst nicht alles: Weitere rund 150.000 Schindeln wurden im Frühjahr und Frühsommer in Krumbach für zwei Häuser einer Wohnanlage verarbeitet.

In gleicher Größenordnung bewegt sich ein Auftrag für den ersten Teil einer Wohnanlage in Alberschwende.

Auch der Neubau der Warther Jägeralpe erhielt ein großes Schindelkleid, für das rund 180.000 Schindeln benötigt wurden. Ähnlich umfangreich ist das Projekt Berghaus in Schröcken, wo heuer zwei Gebäude errichtet werden, das dritte folgt dann im kommenden Jahr. Bisher wurden hier rund 60.000 Schindeln verarbeitet. Auch hier schindelt Hager, der darauf hinweist, dass die Zahl der Schindeln pro Quadratmeter stark differiert: „Je nach Abstand werden pro Quadratmeter zwischen 80 und 130, in besonderen Fällen sogar 150 Schindeln verarbeitet. Bei kleineren Projekten werden die klassischen kleinen Rundschindeln verwendet, da werden für einen Quadratmeter mehr als 400 Schindeln benötigt.“ STP

Zwei Häuser des Projekts The Heimat und das erweiterte ehemalige Hotel Widderstein bescherten Albert Hager einen der größten Aufträge der Firmengeschichte.
Zwei Häuser des Projekts The Heimat und das erweiterte ehemalige Hotel Widderstein bescherten Albert Hager einen der größten Aufträge der Firmengeschichte.