Steuern, Kriege und soziale Spannungen

Spannender Vortrag von Manfred Tschaikner über Bludenz in der Frühen Neuzeit.
BLUDENZ „Nach den Vorträgen über die Antike und das Mittelalter in der Stadt Bludenz gelangen wir nun chronologisch in die Frühe Neuzeit“, sagte Stefan Stachniß, Stadtarchivar und Obmann des Geschichtsvereins Bludenz, anlässlich des dritten Vortrags in der Reihe „Bludenz 2024“ am vergangenen Montag in der Remise in Bludenz. Als Referent zu „Bludenz in der Frühen Neuzeit 1500 – 1800“ war der langjährige Historiker des Vorarlberger Landesarchivs und Universitätsdozent, Manfred Tschaikner, zu sehen. Neben zahlreichen Publikationen über die frühneuzeitliche regionale Geschichte und die Hexenverfolgungen in dieser Zeit, war er auch Autor des Buches „Geschichte der Stadt Bludenz“. Außerdem fungiert er seit über 37 Jahren als Schriftleiter des Geschichtsvereins Region Bludenz.


Unrichtige Darstellungen
„Während meine beiden Vorredner eher unter Quellen- und Fundmangel aus den früheren Epochen zu leiden hatten, ist das bei mir das Gegenteil. Es gibt eine Unmenge an Material“, schickte er zu Beginn seines Vortrags voraus. Er habe sich über vierzig Jahre lang mit der Geschichte seiner Heimatstadt befasst, mit der er sich nach wie vor sehr verbunden fühle. Das wohl bekannteste Bild von Bludenz aus dieser Zeit stammt von dem Kupferstecher Matthäus Merian. „Es ist eine sehr schlechte Arbeit im Vergleich zu den Darstellungen von Bregenz und Feldkirch. Die Ortsverhältnisse und vieles andere stimmen einfach nicht“, kritisierte Manfred Tschaikner das Kunstwerk. Es sind noch andere, eher schematische Darstellungen von Bludenz vorhanden, die jedoch wenig aussagekräftig sind. Die ältesten erhaltenen Bilder mit der Darstellung der Stadt hängen in der Spitalskirche und im Stadtmuseum: „Es kam zu einigen Verwerfungen wegen dieser Bilder. Sie zeigen den Stadtbrand von 1638 mit einigen Heiligen, die jedoch nicht die richtigen sind.“ Eine recht gute Darstellung erfolgte rund hundert Jahre später durch den Artillerie-Leutnant Johann Lampert Kolleffel. Unter anderem waren die Wasserläufe durch die Stadt deutlich sichtbar, die sowohl für die Hygiene als auch wegen der Feuergefahr von großer Bedeutung waren. Bludenz zählte in dieser Zeitspanne innerhalb der Mauern etwa 450 Einwohner und Einwohnerinnen.

Komplexe Verwaltung
Manfred Tschaikner skizzierte zum besseren Verständnis der Entwicklungen sodann einige verwaltungstechnische Details. Bludenz war vor 1700 eine Enklave der Herrschaft Sonnenberg. Das ganze Montafon und die Stadt Bludenz gehörten zur Herrschaft Bludenz. Die Verhältnisse waren kompliziert, denn es gab keinen einheitlichen Untertanen-Verband. Durch das sogenannte Kirchspiel gehörte das Gebiet der heutigen Stadt Bludenz aber nur kirchlich, herrschaftlich zu Sonnenberg.

Eine wichtige Funktion hatten auch die „Gnossschaften“. Zudem gab es Bürger von Bludenz, die in- oder außerhalb wohnten, steuerlich jedoch nach Bludenz gebunden waren. Auch die Montafoner mussten einen hohen Steuersatz nach Bludenz liefern, was zu viel Missgunst führte. Albrecht der III. war der einzige Landesfürst, der jemals in Bludenz gelebt hatte. Unter seiner Ägide wurde die Leibeigenschaft abgeschafft. Später wurden herrschaftliche Vertreter, sogenannte Vögte oder Untervögte eingesetzt.

Eine unruhige Zeit
In den drei Jahrhunderten der Frühen Neuzeit wurde Bludenz zunächst von den Ausläufern des Bauernkriegs von 1525 erfasst, erlebte die Glaubensspaltung mit einer starken Zuwendung zu reformiertem Gedankengut und geriet bald in einen generationenlangen Konflikt mit den nach Unabhängigkeit strebenden Montafonern. Heftige innere Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen städtischen Interessensgruppen und Schichten wurden durch die hohen steuerlichen Belastungen im Zuge der häufigen Kriege im 17. Jahrhundert verschärft. Das Bürgertum wollte die Stadt übernehmen, diese stand allerdings unter der Herrschaft des Untervogts, der von der Herrschaft bestellt wurde. Dieser konnte bei jeder Ratssitzung mitstimmen, er war ein Vertreter der Obrigkeit. Da Bludenz sich als eigene Gemeinde formieren wollte, mussten die jeweiligen Rechte genau definiert werden, dazu ist ein dicker Pergamentfolio-Band mit allen Rechtsbestimmungen angefertigt worden und erhalten. Im 18. Jahrhundert wehrte sich die auf ihre Verwaltungsautonomie bedachte Stadt lange, letztlich aber vergeblich gegen die Ansprüche des sich ausbildenden absolutistischen Staats. Sichtbarster Ausdruck der gewandelten Zeiten bildete das anstelle der alten Burg Bludenz neu errichtete Barockschloss der Freiherren von Sternbach. BI