“Wir wollen kein Risiko eingehen” – Warum die Öffnung so lange dauerte

Gewaltige Dämme, tonnenschwere Steinbrocken und ein Wetterradar, das Alarm schlägt, wenn sich der Hang bewegt: Die Arbeiten auf der Silvretta-Hochalpenstraße laufen auf Hochtouren. Ziel ist die Wiederöffnung am 19. Juli – doch die Zeit drängt.
Darum geht’s:
- Felssturz löste umfangreiche Sicherungsarbeiten an der Hochalpenstraße aus.
- Einsatz von Dämmen, Netzen und 3D-Wetterradar für Sicherheit.
- Öffnung geplant unter strengen Wetterbedingungen und Ampelregelung.
GASCHURN/PARTENEN Im vergangenen Sommer rutschten nach einem Felssturz bei Kehre 13 und 14 massenhaft Geröllmengen auf die Silvretta-Hochalpenstraße. Seither läuft ein außergewöhnliches Projekt: sieben Bagger, 16 Arbeiter, 280 Laufmeter Steinschlagschutznetze und drei Dämme mit insgesamt 800 Metern Länge. Eine Baustelle, die nicht nur groß, sondern vor allem herausfordernd ist.

„Sicherheit geht über alles. Wir wollen kein Risiko eingehen“, sagt Harald Feldkircher, Leiter des Facility Managements bei der illwerke vkw. Eine Öffnung sei erst möglich, wenn alle Maßnahmen stehen – und das Wetter mitspielt.

Die Zahlen sind eindrucksvoll: 70.000 Kubikmeter Material bleiben vor Ort und werden zu bis zu fünf Meter hohen Dämmen aufgeschichtet und mit Geotextil verstärkt. So entsteht ein Graben, der bei weiteren Hangrutschen als erstes Auffangbecken dienen soll. Die größten Felsblöcke können nur gesprengt werden: „Manche sind so massiv, da hilft kein Gerät“, sagt Polier Markus Metzler.

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Ergänzend zur Sicherung mit Netzen und Dämmen kommt ein neues 3D-Wetterradar zum Einsatz. Es erkennt Starkregen, Steinschlag und Rutschungen – bei Gefahr bleibt die Straße geschlossen, automatisch oder durch Fachentscheid. Wie schon im Vorjahr ist sie nur bei trockener Witterung zwischen 7 und 18.30 Uhr geöffnet. Und auch heuer gilt: keine Maut – weder für Tagesgäste noch für Saisonskarteninhaber.


Gearbeitet wird unter Hochdruck. „Tägliche Abstimmungen und wöchentliche Bausitzungen sind Pflicht“, so Feldkircher. Die größte Herausforderung: das Wetter. „Bei Regen steht alles still.“ Ein Geologe beurteilt regelmäßig die Situation, ergänzt durch laufende Messungen und Simulationen.

Trotzdem zeigt sich das Team rund um den Projektleiter vor Ort, Andreas Batlogg, zuversichtlich. Derzeit läuft der Bau des 380 Meter langen Hauptdamms, zwei weitere sind geplant. „Wir verwenden das Material vom Berg – es wird kaum etwas abtransportiert“, sagt Metzler. Die Baustelle ist so angelegt, dass auch nach der Öffnung weitergebaut werden kann – unter Verkehr und mit klaren Sicherheitszonen. Kurzzeitige Verzögerungen sind möglich.

Die Öffnung ist für Samstag, 19. Juli, geplant. Befahrbar bleibt die Strecke auch danach nur bei Schönwetter – mit Ampelregelung und klaren Vorgaben. Feldkircher erklärt: „Die Straße bleibt sensibel. Freigegeben wird nur, wenn wirklich alles passt.“

Die Sanierungskosten betragen rund 5,5 Millionen Euro und werden von der illwerke vkw getragen. Die Silvretta-Hochalpenstraße ist eine Privatstraße der illwerke vkw, unterliegt aber öffentlichem Verkehrsrecht. Muren, Steinschläge und Erosion bedrohen die Strecke seit Jahren. Der Hang bei Kehre 13/14 gilt als besonders sensibel. Deshalb wurden Trasse und Sicherungsbauwerke in enger Abstimmung mit Geologen und Behörden neu geplant.

Neben Dämmen und Netzen erhöht moderne Sensorik die Sicherheit. Ein 3D-Wetterradar, vernetzt mit Ampeln und Überwachungssystem, warnt bei Bewegung – die Sperre erfolgt dann automatisch.

„So viel wie heuer haben wir hier noch nie bewegt“, sagt Feldkircher. Dass der Bauplatz anspruchsvoll ist, zeigt sich täglich: „Wir arbeiten dort, wo andere mit Tourenski unterwegs sind. Die Straße ist wunderschön – aber sie fordert uns.“






