Als Bludenz tickte: Die vergessene Uhrenfabrik

Die Geschichte der Uhrenfabrik Plangg & Pfluger in Bludenz
Bludenz Was 1903 mit einer Zollregelung begann, wurde zu einem Industriekapitel, das weit über Vorarlberg hinausstrahlte. Die Uhrenfabrik Plangg & Pfluger war einst einer der wichtigsten Uhrenstandorte in Österreich – und ein Beispiel für kreative wirtschaftliche Umgehungsstrategien, politische Umbrüche und industrielle Transformation. Als die Einfuhr fertiger Uhren aus der Schweiz Ende des 19. Jahrhunderts mit hohen Zöllen belegt wurde, reagierte die Uhrenindustrie prompt: Einzelteile wurden exportiert, vor Ort montiert – die sogenannte Remontage. Auch Adolf Obrecht aus Solothurn erkannte das Potenzial: 1903 gründete er in der Bludenzer Altstadt eine kleine Uhrenmontagewerkstätte, die nach zwei erfolgreichen Probejahren 1906 in eine neu errichtete Fabrik nahe dem Bahnhof übersiedelte. Der Bau im Heimatstil – vermutlich vom Schweizer Architekten Otto Rudolf Stalder geplant – bot Platz für 130 Arbeiter und die Werksleiterwohnung. Bis zum Ersten Weltkrieg florierte das Geschäft. Taschenuhren mit Anker- oder Zylinderhemmung wurden montiert und in ganz Österreich-Ungarn verkauft. Doch mit dem Krieg kam der Einbruch – und mit dem Zerfall der Monarchie 1918 auch das Ende des einheitlichen Absatzmarktes.
Plangg & Pfluger übernehmen – “Montfort” wird zur Marke

1924 wurde der Betrieb von den Brüdern Josef und Otto Plangg sowie dem damaligen Werkleiter Oskar Pfluger übernommen – unter dem neuen Namen Plangg & Pfluger. Ihre Uhren wurden unter der Marke Montfort International vertrieben. “Die Werke in diesen Uhren sind außerdem häufig mit Criterion Watch & Co. Inc. punziert, einer Firma aus New York”, erklärt Uhrenexperte Andreas Kelz von “Watch Moments”. Plangg & Pfluger spezialisierten sich zunehmend auf einfache, aber robuste Taschenuhren in Roskopf-Bauweise, die auch für den Export – insbesondere nach Übersee – geeignet waren. Vor dem Zweiten Weltkrieg wurden täglich bis zu 900 Uhren gefertigt.

Rüstung, Wiederaufbau und die goldene Nachkriegszeit
Während des Zweiten Weltkriegs wurde die Produktion erneut eingeschränkt, Teile für die Rüstungsindustrie kamen hinzu. Doch nach Kriegsende lebte die Uhrenproduktion wieder auf: 1950 verließen monatlich 20.000 Taschenuhren und 10.000 Armbanduhren die Werkhallen in Bludenz. Ein bemerkenswerter Erfolg für ein Unternehmen aus einem Land, das gemeinhin nicht mit Uhrmacherkunst assoziiert wird. “Taschenuhren aus Österreich? Ok, aber Uhrwerke? Warum eigentlich nicht?”, fragt Kelz rückblickend.

Der Niedergang: Konkurs und Ende der Uhrmacherei in Bludenz
Doch der Wandel in der Uhrenbranche ließ sich nicht aufhalten. Die Nachfrage verlagerte sich, asiatische Konkurrenz wurde stärker, mechanische Werke durch Quarztechnologie verdrängt. 1967 musste Plangg & Pfluger Konkurs anmelden. Die Schweizer Firma Silvalux übernahm die Produktion kurzzeitig, doch bereits 1968 war endgültig Schluss.“Damit endete meines Wissens auch die Produktion einfacher und günstiger Uhrwerke in Österreich.”resümiert Kelz. Was blieb, war das Gebäude. Die Trikotfabrik Huber aus Götzis produzierte hier bis 1996 Unterwäsche. Dann stand das Haus leer – bis 1999 die Prisma Gruppe die ehemalige Uhrenfabrik erwarb, umfassend restaurierte und mit einem modernen Anbau erweiterte. Heute ist in der Klarenbrunnstraße das Innovationszentrum Bludenz untergebracht – ein Ort für Unternehmen, Ideen und Kooperationen. Der historische Baubestand steht noch, denkmalgeschützt, verbunden mit moderner Architektur des Bludenzer Büros Nikolussi & Hänsler.