Fast ein Solitär

Wenn ein Bauherr seinem Pächter ein neues Hotel neben das alte stellt, geht es vor allem um kurze Bauzeiten, denn der laufende Betrieb und die Stammgäste sollen so wenig wie möglich gestört werden. Das ist inzwischen ein klassischer Fall für die Modul- bauweise mit Holzboxen: Beim Hotel Katharinenhof Comfort in Dornbirn konnten die drei Obergeschoße in knapp drei Tagen errichtet werden. Autor: Claudia Rinne | Fotos: Stefan Hauer
ie Lage ist super: nur drei Minuten zu Fuß vom Bahnhof aus, in vier Minuten am Marktplatz Dornbirn, dennoch in einer Straße gelegen, die etwas abseits vom Trubel darauf wartet, definiert zu werden. Dem Hoteleingang gegenüber stehen alte Bäume im Garten einer alten Villa, daneben werden die Erdgeschoßräume eines neueren, eher schmucklosen Wohnhauses angepriesen. Auf der Rückseite des Hotels Katharinenhof, wo eine Terrasse den neuen Frühstücksraum ergänzt, mischen sich Bauten verschiedenster Stile und Nutzungen, das passt, denn am Standort des Anbaus selbst grasten vor eineinhalb Jahren noch Schafe.
Direkt daneben steht das alte Hotel Katharinenhof, das nach langen Jahren im Dauerbetrieb dringend renoviert werden musste. Der Besitzer gewann seinen Pächter darüber hinaus für Erweiterungspläne. Ein Zubau nur mit modernen Gästezimmern bei gleichzeitiger Erneuerung des Altbaus war wohl die erste Idee, es stellte sich aber bald heraus, dass Lobby, Rezeption und Speisezimmer im neuen Bauteil günstiger und besser zu realisieren sind. Also planten Johannes Kaufmann und sein Team einen Zubau, der auch als Solitär bestehen kann.
In dem betonierten Sockelgeschoß gibt es zwischen Lobby und Lift einen Übergang zum alten Hotel, dessen Zimmer unter dem Namen Hotel Katharinenhof Standard vermietet werden. Alle Gäste kommen durch den neuen Eingang, seitlich über die wettergeschützte Rampe bei den Autoabstellplätzen, aus der neuen Tiefgarage oder durch die große Glastür von der Straße aus. Zwischen der Bar zur Linken und den bequemen Möbeln der Lobby zur Rechten hindurch tritt man an einen frei im Raum stehenden Empfangstresen vor wechselnden Impressionen aus der Umgebung. Statt Schlüsseln und Postfächern, die in vergangenen Zeiten eine sichere Adresse auf Zeit verhießen, signalisieren die Bilder: „Hier gibt es etwas zu erleben!“
Zunächst aber in die Zimmer. Hier sieht man das erste Mal Holzoberflächen, schnörkellos und warm in der Wirkung. Die Badezimmer sind durch eine Zwischenwand und teilweise opakes Glas abgeteilt. Gegenüber dem Eingang raumhohes Glas und eine Tür, durch die man ins Freie treten kann. Mit einem Winkel in der Verglasung hat der Planer hier elegant mehr als einen französischen Balkon gebildet, der Hotelier nennt es „eine Balkonsituation“.
Räumliche Module in drei verschiedenen Größen sind ohne Primärkons-
truktion neben- und übereinander gestapelt, ihre Außenseiten bilden die Wände der Gänge und enthalten die Wasser- und Stromleitungen. Der Vorfertigungsgrad ist beeindruckend. Bis zu sechzehn Gewerke sind daran beteiligt. Selbst die Möbel sind bei Lieferung schon in den Räumen, ein großer Vorteil liegt darin, dass Transportschrammen in den Fluren gar nicht erst passieren können. Auch das erklärt die kurze „Bauzeit“ am Ort. Die hohe Präzision in der Verarbeitung der Module ist so nur in der Montagehalle möglich, betont Johannes Kaufmann. Und fast noch wichtiger scheint ihm, dass dafür kein Arbeiter bei schlechtem Wetter auf dem Baugerüst stehen muss.
Bauherr und Hoteliers wünschten sich von Anfang an ein städtisches Gebäude. Das hieß für sie vor allem, dass außen kein Holz zu sehen sein soll. In der Konstruktion ab Decke Erdgeschoß aber, mit den hölzernen Raumzellen, war es ausdrücklich gewollt. Johannes Kaufmann löste diese Aufgabe mit einer alles umhüllenden Fassade aus geschliffenen und eloxierten Aluminiumpaneelen. Sie vereinheitlicht das Erscheinungsbild vom Boden bis zum Flachdach. Obwohl alle Paneele aus einem Coil stammen, schimmern sie in unterschied-
lichen Nuancen, schon die winzigsten Neigungsunterschiede beeinflussen die Reflexion. Jalousien vor jedem Gästezimmer schließen sich automatisch bei Sonnenschein und homogenisieren die Außenansicht noch stärker, wenn sie von Hand oder durch Regenwetter geöffnet werden, wird die Fassade durch die eingeschnittenen Balkonsituationen aufgelockert.
Der neue Bauteil ist bei gleich vielen Stockwerken etwas höher als der Bestand und lässt diesen in den Hintergrund treten. Auch Raumhöhen können ein Kennzeichen des Städtischen sein. Eine Diagonale im Erdgeschoß, deren Winkel den Balkoneinschnitten ähnelt, lenkt die Schritte von der Straße in die Lobby. Gegen Abend mischen sich Dornbirner unter die Hotelgäste. Sie fragen, wie es so läuft, drei Monate nach der Eröffnung, und setzen sich an die Bar. Das Hotel ist in der Stadt angekommen.

Durch einen eleganten Winkel in der Verglasung gehört zu jedem
Gästezimmer eine
Balkonsituation.

Der Empfangstresen
steht frei im Raum,
dahinter statt Schlüsseln und Postfächern wechselnde Impressionen aus
der Umgebung.

Die Lobby liegt längs
der Straße, im Hintergrund ist der Übergang zu den Standardzimmern im
alten Haus.

Im Frühstücksraum
werden Material und Farbigkeit der Möbel wiederholt. Die großformatigen Bilder von Harald Schwarz täuschen das Auge, erst durch ein Objektiv werden die Porträts erkennbar.

Die Wände des Gangs sind die Außenseite
der Boxen. In den Wand-
vorsprüngen laufen
alle Leitungen.

Eingangsbereich, Fuß-
boden und Möbel: endlich Holz in Sicht. Alle Zimmer sind selbstverständlich barrierefrei.

Erweiterung Der Hotelneubau lässt das alte Haus in den Hintergrund treten. Durch einen Winkel in der Verglasung gehört zu jedem Gästezimmer eine Balkonsituation.

Zentrum Der neue Bauteil leistet einen Beitrag zur
Definition der Franz-Michael-Felder-Straße. Bei gleich vielen Stockwerken ist es etwas größer als das Stammhaus.

Zeitreise Auf der Rückseite ergänzt eine Terrasse den Frühstücksraum. Hier mischen sich unvermittelt Bauten
verschiedenster Stile und Nutzungen.

Die Badezimmer waren komplett vorinstalliert
und liegen an der Gang-
seite. Von den Zimmern
sind sie durch teils opakes Glas abgetrennt.