Ein Firmensitz wie ein Gebirge

Immo / 24.08.2017 • 15:18 Uhr
Ein Firmensitz  wie ein Gebirge

Unübersehbar bezieht das neue Büro Hohe Brücke von Doppelmayr am Rand von Wolfurt Position. Das Wiener Architekturbüro AllesWirdGut entwarf den Komplex aus neun scharfkantigen Baukörpern mit horizontal gegliederten Fassaden, die von schluchtartigen, vertikalen Einschnitten durchzogen sind. Wie magisch tänzeln sie über dem verglasten Sockel und bilden so eine einprägsame Landmark. Autorin: Isabella Marboe| Fotos: Hertha Hurnaus, Darko Todorovic

ie Geschichte von Doppelmayr ist eine Erfolgsstory der Sonderklasse. 1893 kaufte Konrad Doppelmayr die mechanische Schmiede seines Lehrherrn Josef Anton Dür in Wolfurt und begann mit Werkzeugsherstellung und Maschinenreparatur. 1937 baute Doppelmayr den ersten Ski-Schlepplift Österreichs am Arlberg, 1972 folgte die erste kuppel-
bare Einseilumlaufbahn in Mellau im Bregenzerwald, 1999 begeisterte der Cable Liner Mandalay Bay Tram Las Vegas, viele Meilensteine pflastern die Firmen-
geschichte. Bis heute fertigte die Doppelmayr/Garaventa Gruppe über 14.800 Seilbahnsysteme in 91 Staaten und zählt damit zur Weltspitze in ihrer Sparte.

2013 lobte die Firma einen geladenen Wettbewerb für ihr neues Büro aus. Das Grundstück liegt unweit der Autobahnabfahrt am Rand des Gewerbegebiets Hohe Brücke. Das Wiener Architekturbüro AllesWirdGut (AWG) gewann: Es entwarf ein Gebäude aus mehreren Baukörpern mit präzisen, technoid anmutenden Fassaden, die sich leicht vor- und rückspringend an einem zentralen Gang aneinanderreihen. Dieser zieht sich als vielschichtiges Raumgefüge mit unterschiedlich tiefen Ausbuchtungen, mehrgeschoßigen Lufträumen, Galerien und schluchtartigen Einschnitten durch den gesamten Komplex. Diese höchst abwechslungsreiche, sich horizontal und vertikal immer wieder ausdehnende und dabei neue, überraschende Perspektiven nach innen und außen eröffnende Struktur mit Panorama-
stiege, Atrium und Schlucht war von AllesWirdGut als Pendant zum Ursprung Doppelmayrs in der dörflichen Struktur Rickenbachs gedacht: Sie sprachen vom „Doppelmayr-Dorf“. An diese Erschließungs-
zone mit ihren vielen Atmos-phären und gemeinschaftlichen Nutzungen docken die neun Bürobaukörper mit ihren horizontal gegliederten Fassaden an, deren Ästhetik von Schneeschichtungen inspiriert ist.

Heuer im Juni wurde der Bürobau Hohe Brücke feierlich eröffnet. 140 Meter gleitet der rund 40 Meter breite Baukörper mit der elegant geschichteten, hinterlüfteten Fassade aus umlaufenden Fensterbändern und hellen Aluminium-Sandwich-Paneelen im Süden an einer grünen Promenade an der Schwarzach entlang. Mitarbeiter(inne)n bietet der naturbelassene Flusslauf einen schönen Anblick, kühle Luft und einen guten Ort für Pausen im Freien. „Uns war wichtig, hier an der Grenze des Gewerbegebiets Hohe Brücke eine klare Kante zum unverbauten Ried zu definieren“, sagt Andreas Marth von AWG. „Außerdem spielte eine wesentliche Rolle, wie ein Büro der Zukunft funktionieren soll.“ Das zeigt sich in der Struktur der Einzelbaukörper, die in der räumlich vielschichtigen Erschließungs- und Kommunikationszone aufeinandertreffen. Der Bürobau ist zwischen fünf und sechs Geschoße – also bis zu 27,5 Meter – hoch, von der Landesstraße
L 190 schon von Weitem zu sehen und setzt so für Doppelmayr ein starkes Zeichen im Rheintal.

In den umlaufenden Fensterbändern der Büros, die über dem Sockel zu tänzeln scheinen, spiegelt sich der Himmel, die helle Alu-Fassade dazwischen ist mit schmalen Streifen zusätzlich akzentuiert. Die Rücksprünge der Baukörper bilden tiefe vertikale Einschnitte, auch Sonderfunktionen wie die Pano-
ramastiege hinter dem Foyer oder die Terrasse im zweiten Stock schreiben sich in das Gebäude ein, brechen seinen Rhythmus und machen es noch interessanter. „Für 450 Mitarbeiter baut man nur einmal im Leben“, sagt Vorstand Hanno Ulmer. Ausgelegt ist es auf 625 Arbeitsplätze. „Unsere Leute waren gewohnt, in einzelnen Häusern zu arbeiten. Insofern war die Idee, das Volumen auf mehrere Baukörper zu verteilen, einfach die beste. Trotzdem sind nun alle an einem Standort: das bringt große Synergien und eine viel bessere Kommunikation.“

Man betritt den Neubau unter der Untersicht der auskragenden zwei ersten Bürohäuser im rundum verglasten, hohen Foyer: Nahtlos geht der helle Beton draußen in den hellen Beton-Terrazzo innen über, auch die Empfangspulte und die Treppe in den ersten Stock sind aus Sichtbeton im selben Farbton. Liftkerne, Pfeiler und alle tragenden Elemente glänzen in Sichtbeton, in der mittleren Gangzone wurden alle Brüstungen, Treppen- und Decken-
untersichten mit schwarzem Metall verkleidet. Weiße Lichtstreifen setzen einen starken Kontrast. Die Orientierung fällt so leicht: Die Mittelzone mitsamt ihren Treppenausläufern, Galerieablegern und Panoramatreppe gibt sich schwarz. An den durchgehenden Lufträumen, wo sich die schwarzen Brüstungen mit ihren Lichträndern an den Sicht-
betonwänden der Kerne oder den Alu-Verkleidungen der Bürobaukörper haushoch bis zum Oberlicht an der Spitze schrauben, stellt sich tatsächlich eine Art künstliches
Canyon-Feeling ein.

Die Büros aber haben alle mit Streckmetall verkleidete Heiz/Kühl-Decken, helle, akustisch angenehm dämpfende Teppichböden, transparente Zwischenwände, Büromöbel als Raumteiler, sowie herrliche Aussicht und viel Tageslicht durch die Fensterbänder. Wo sie auf die Gänge stoßen, gibt es pro Stockwerk zwei Teeküchen, die von AllesWirdGut mit abstrakt anmutenden Stehtischen und Hockern aus Holz möbliert wurden. Unter der weit auskragenden Untersicht eines zwei-
geschoßig eingeschnittenen Leeraums breitet sich im zweiten und dritten Stock eine spektakuläre Terrasse aus. Sie ist komplett mit grüner Zweikomponentenbeschichtung belegt – in der Mitte wölbt sich der weiche Belag zu organischen Bänken, die freundlich Pflanzinseln rahmen. Auch oben am Dach gibt es Terrassen mit Panorama-
aussicht für alle. Neben hellen Büros, umfassend ausgestatteten Konferenz- und Besprechungsräumen finden sich hier auch ein Fitness-, Yoga-, Ruhe- und Gebetsraum. In der Tiefgarage begegnet man der horizontalen Linie wieder: Elegant gliedert sie die weißen Pfeiler. Das Thema der Schichtung nahm das Grafikbüro „Zur Gams“ im Leitsystem auf. Vom Keller bis zum Dach lauter räumliche Sensationen.

Uns war wichtig, hier an der Grenze des Gewerbegebiets Hohe Brücke eine klare Kante zum unverbauten Ried zu definieren. Außerdem spielte eine wesentliche Rolle, wie ein Büro der Zukunft funktionieren soll.

Die Büros sind allesamt hell und lichtdurchflutet – hier die Autorin mit Markus Wilpernig von Doppelmayr (links außen) bei einer Führung mit Architekt Andreas Marth (rechts außen).

Die Büros sind allesamt hell und lichtdurchflutet – hier die Autorin mit Markus Wilpernig von Doppelmayr (links außen) bei einer Führung mit Architekt Andreas Marth (rechts außen).

Auch die Tiefgarage wurde gestaltet: Das Thema der Schichtung der Fassade – die von Schneeschichtungen inspiriert ist – findet sich hier gleichermaßen umgekehrt in den horizontalen Linien auf den Pfeilern wieder.

Auch die Tiefgarage wurde gestaltet: Das Thema der Schichtung der Fassade –
die von Schneeschichtungen inspiriert ist – findet sich hier gleichermaßen umgekehrt in den horizontalen Linien auf den Pfeilern wieder.

Diese Panoramastiege zählt zu den architektonischen Highlights im Foyerbereich.

Diese Panoramastiege zählt zu den architektonischen Highlights im
Foyerbereich.

Sie bietet eine spektakuläre Aussicht. Aber bei Weitem nicht die einzige, denn dieser Büroneubau steckt voll räumlicher Sensationen.

Sie bietet eine spektakuläre Aussicht. Aber bei Weitem nicht die einzige, denn dieser Büroneubau steckt voll räumlicher
Sensationen.

Blick nach oben: An den durchgehenden Lufträumen, wo sich die schwarzen Brüstungen mit ihren Lichträndern haushoch bis zum Oberlicht an der Spitze schrauben, stellt sich tatsächlich so etwas wie ein künstliches Canyon-Feeling ein.

Blick nach oben:
An den durchgehenden
Lufträumen, wo sich die schwarzen Brüstungen
mit ihren Lichträndern haushoch bis zum Oberlicht an der Spitze schrauben, stellt sich tatsächlich so etwas wie ein künstliches Canyon-Feeling ein.

Sie öffnet sich auch zu spektakulären Freiräumen -wie beispielsweise der Terrasse unter dem zweigeschoßigen Luftraum, der sich vor der Teeküche im zweiten und dritten Stock ausbreitet.

Sie öffnet sich auch zu spektakulären Freiräumen –

wie beispielsweise der
Terrasse unter dem zweigeschoßigen Luftraum, der sich vor der Teeküche im zweiten und dritten Stock ausbreitet.

Die zentrale Erschließungszone mit ihrer Panoramastiege, Atrium und Schlucht war von AWG als Pendant zu einer dörflichen Situation mit Gassen, Straßen und Plätzen gedacht.

Die zentrale Erschließungszone mit ihrer Panoramastiege, Atrium und Schlucht war von AWG als Pendant zu einer dörflichen Situation mit Gassen, Straßen und Plätzen gedacht.

Man betritt den Neubau unter der reflektierenden Untersicht der beiden ersten Bürohochhäuser im rundum verglasten Foyer.

Man betritt den Neubau unter der reflektierenden Untersicht der beiden ersten Bürohochhäuser im rundum verglasten Foyer.

Nahtlos geht der helle Beton draußen in den hellen Beton-Terrazzo drinnen über.

Nahtlos geht der helle Beton draußen in den hellen Beton-Terrazzo drinnen über.

Beeindruckend: Die Großzügigkeit, Höhe und Abwechslungsreichtum, den diese Sockelzone bietet: Sogar originale Doppelmayr-Gondeln finden hier locker Platz.

Beeindruckend: Die Großzügigkeit, Höhe und Abwechslungsreichtum, den diese Sockelzone bietet: Sogar originale Doppelmayr-Gondeln finden hier locker Platz.

Architekt Andreas Marth von AllesWirdGut auf der Terrasse mit der grünen Zweikomponentenbeschichtung.

Architekt Andreas Marth von AllesWirdGut auf der
Terrasse mit der grünen Zweikomponentenbeschichtung.