Haus mit Vergangenheit und Zukunft

Alte Gebäude haben Ausstrahlung und Seele. Je älter, umso mehr.
Es sind die Sorgfalt ihrer Erbauer, Zuwendung, Gebrauch und Geschichte, die sie
so einzigartig machen. Um sie zu sanieren, braucht es Liebe zum Objekt,
Ausdauer und Wissen. Mit sehr viel Eigenleistung, Leidenschaft und einer
Einreichplanung von ARSP bauten die Bauherren den desolaten Dachboden
eines Rheintalhauses in Dornbirn Mühlebach zu einer Traumwohnung für sich und ihre Tochter um. Loggia und Kraftplatz inklusive.
Alte Gebäude stecken voller Unwägbarkeiten, sind weder exakt
rechtwinklig, noch gerade, ihre Materialien nicht normiert. Genau darin liegt ihr Reiz. „Wir suchten schon lang nach einem alten Bauernhaus“, erzählen die Bauherren. In Mühlebach, einem der ältesten Siedlungsgebiete Dornbirns, wurden sie fündig. 2009 kauften sie dort ein Rheintalhaus. „Außen war die Renovierung abgeschlossen, innen aber war das Haus ein Rohbau. Deshalb konnten wir es uns leisten.“ Ein Sockel aus weißem Mauerwerk, ursprünglich der Stall, darüber die typische Schindelverkleidung, unter einem Kaltdach der Heuboden. Stirnseite und Eingang liegen im Westen an der Straße, 1956 erweiterte man das Haus, was am Sockel ablesbar ist, und verpasste ihm einen Kreuzgiebel. „Der älteste Teil ist etwa 300 Jahre alt, der Dachstuhl rund 250 Jahre“, erzählt die Bauherrin. „Die letzten 40 Jahren wurden sukzessive Stallungen dazugebaut.“
Als das Bauherrenduo einmal auf dem desolaten Dachboden saß, kam ihm die Idee des Ausbaus. Weil Mühlebach über eine sehr ursprüngliche dörfliche Struktur verfügt, hatte auch der Ortsbildschutz Mitsprache. „Alles, was bewohnbar war, wollten wir behalten“, so die Bauherren. Die über zehn Meter langen Stallungen wurden abgerissen. So blieb ein kompaktes, 13 Meter breites, knapp 18 Meter langes Haus übrig, dessen gedämmte Außenhülle neu zu definieren war. Die Einreichplanung übernahmen ARSP Architekten, die schon beim Umbau ihres eigenen Hauses viel Feingefühl im Umgang mit alter Substanz bewiesen haben („Wach geküsst“, Leben & Wohnen, 8. Februar 2020). Sie berieten die Bauherren, prüften die Statik, positionierten die Dachflächenfenster, legten Abbrüche und Auswechslungen der Dachbalken fest. Die Stiege im zweiten Stock wurde neu organisiert, sodass man direkt vom Podest in das neue Bad im nordwestlichen Eckzimmer kommt.
Folgt man der viertelgewendelten Treppe weiter, taucht man direkt neben dem Essplatz in der Wohnküche im Dachraum ein. „Der Dachboden war ganz leer, da war nichts vorgegeben“, so die Bauherrin. Das Kunststück bestand darin, den Raum zwischen den Stehern, Kehlbalken und Pfetten des alten Dachstuhls optimal zu nutzen und dabei so vorsichtig in das alte Gefüge einzugreifen, dass es die neuen Lasten problemlos bewältigen konnte. Die Pfetten verlaufen etwa in zwei Meter Höhe, bis zum First spitzt sich der Dachraum auf 4,50 Meter zu. Die Wohnküche ist mit 4,24 x 5,84 Meter harmonisch zwischen die Steher eingefügt, ihr Zentrum bildet der offene Herdblock. „Die Herausforderung war, dass man hier nichts rechtwinklig einbauen kann, sondern alles individuell anfertigen muss“, so der Bauherr. Die weiße Küchenzeile kommt ohne Oberschränke aus und findet so unter der Dachschräge bestens Platz. „Es war uns wichtig, die Seele des Hauses zu bewahren“, so die Bauherren unisono mit Nachdruck. „Der einstige Heuboden sollte immer noch spürbar bleiben. Außerdem wollten wir nur ökologische Materialien verwenden.“ Die Struktur des alten Holzdachstuhls blieb weitgehend sichtbar, der Küchentisch ist aus alten Dielen gezimmert, der Boden aus Eiche neu verlegt. Die östliche Stirnseite wurde mit terrakottafarbenem Lehm verputzt, die Glasschiebetür in ihrer Mitte führt auf die neue, 3,20 Meter tiefe Loggia. Von der schrägen Dachuntersicht und einer Holzbrüstung geborgen, entstand hier ein witterungsgeschützter, intimer Freiraum, der mit Hängematte, Lampe, Tisch, Sesseln und vielen Pflanzen lauschig eingerichtet ist. Von hier hat man einen tollen Blick auf den Karren. „Wir mussten das gesamte Dach neu machen“, so die Bauherren. Der vordere Teil wurde mit Biberschwanzziegeln, der hintere mit roten Betonziegeln gedeckt. Unter dem Giebel der neuen Holzverkleidung sind zwei Eichhörnchen eingefräst. Dieses Detail entzückt viele Passanten und Passantinnen.
Hinter der Küche erzeugen Elternschlafzimmer und WC in der Mitte eine Einschnürung, nach der das Wohnzimmer im Westen umso größer wirkt. Außerdem kann man durch diesen Gang immer noch die gesamte Länge überblicken. Oberlichtfenster erhellen den Wohnraum, Lehmputz in Brauntönen erzeugt eine warme Atmosphäre. Das angrenzende Zimmer der Tochter ist eine Welt für sich mit Palettenmöbeln, einem Hochbett zum Chillen, das über eine stählerne Schwimmbadleiter zu erklimmen ist, und einem versteckten Balkon für sich allein. Auch die Katze fühlt sich wohl: ein Qualitätsbeweis.
„Es war uns wichtig, die Seele des Hauses zu bewahren. Der einstige Heuboden sollte immer noch spürbar bleiben. Außerdem wollten wir nur ökologische Materialien verwenden.“










