Festspiele halten an 2020 fest, denken das Aus aber mit

„Wir beobachten die Situation und könnten von uns aus gar nicht absagen“, sagt Festspielpräsident Hans-Peter Metzler.
Bregenz, Wien Die Wortwahl ist somit entscheidend: Bei der am Freitag von der Regierung ausgesprochenen Absage aller Großveranstaltungen im Kulturbereich bis 31. August wurde von Vizekanzler Werner Kogler und Kulturstaatssekretärin Ulrike Lunacek stets der auf das Publikum bezogene Begriff „stehend“ betont. Das heißt, dass es zwar da und dort, wie etwa im Museumsbereich, in Galerien und für den Probenbetrieb, nun ein paar Lockerungen gibt, dass Musikopenairs in Österreich aber aufgrund der Covid19-Pandemie nicht stattfinden können. Was aber heißt das für die Bregenzer Festspiele mit ihren rund 7000 Besuchern pro Aufführung der Oper „Rigoletto“ auf der Seebühne? Konkret wurde verlautbart, dass die Entscheidung, ob die Festspiele in Bregenz und auch jene in Salzburg heuer stattfinden können, erst Mitte Mai fallen wird.
Zeitgewinn bringt mehr Fakten
Der Bregenzer Festspielpräsident Hans-Peter Metzler erklärte im Gespräch mit den VN, dass die Planung für den Sommer 2020 vorerst weitergeführt wird. Verändert bzw. im Vergleich zur letzten Ansage der Regierung etwas nach hinten verschoben habe sich somit der Zeitpunkt der Entscheidung. Metzler geht davon aus, dass man die Situation bzw. den Verlauf der Pandemie weiter intensiv beobachten werde und dass es somit auch bei den Auflagen, die Veranstalter einzuhalten haben, Veränderungen geben könnte.
“Wir agieren nicht realitätsfremd und können nur auf Fakten basierend entscheiden. Spekulationen bringen nichts.”
Hans-Peter Metzler, Festspielpräsident
Man fahre auf Sicht, habe Hoffnung und könne als großes Kulturunternehmen nicht einfach absagen. Jeder Zeitgewinn bringe mehr Fakten. “Wir agieren nicht realitätsfremd und können nur auf Fakten basierend entscheiden. Spekulationen bringen nichts.”
Kein reduziertes Programm
Für Bregenz nicht vorstellbar ist ein Festival mit einem weitgehend reduzierten Programm, machte der Festspielpräsident deutlich: “Wir diskutieren die Szenarien, sprechen aber von Festspielen in der uns allen bekannten Form.” Die Idee einer Light-Variante ist im Zusammenhang mit den Salzburger Festspielen, die heuer das 100-Jahr-Jubiläum feiern könnten, gelegentlich aufgetaucht, wurde aber auch dort bislang dementiert.
Das Aus in Bregenz müsse man im Hinterkopf behalten. Das sei bei aller Dramatik keine Frage. Grundsätzlich könnte das bedeuten, dass bei einer Absage des Festspielsommers 2020 die Seebühnenproduktion von Verdis „Rigoletto“, die erstmals 2019 gezeigt wurde, somit auch im Jahr 2021 im Programm bleibt. Die spektakulären Bühnenaufbauten amortisieren sich erst bei einer zweiten Spielzeit und auch das Interesse des Publikums lasse seit Jahrzehnten den Zweijahresrhythmus auf der Seebühne zu.
Kristenstärke ist Teil der Festspiel-DNA
Die Bregenzer Festspiele haben im Vorjahr rund 250.000 Besucher begrüßen können, die Wertschöpfung ist allein in der engeren Region mit 100 Millionen Euro festzulegen und verdoppelt sich bei einem größeren Radius. In Salzburg sind diese Summen noch um einiges höher. Die Bregenzer Festspiele wurden 1946 nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet. Krisenstärke, das Kämpfen für eine gute Sache, sinnstiftendes Handeln und den Menschen Perspektiven zu geben, sei Teil der DNA des großen Kulturternehmens, betonte Metzler. Man arbeite professionell und bewahre sich diesen Spirit.
230.000 Tickets aufgelegt, 80 Prozent verkauft
Im Büro der Bregenzer Festspiele gehen nach wie vor Anfragen um Karten für diese Saison ein. Rund 230.000 Tickets wurden heuer aufgelegt, 203.000 sind es allein für die Aufführungen von „Rigoletto“ auf der Seebühne. Die spektakuläre Produktion war im Premierenjahr ausverkauft und bewirkte eine derart starke Nachfrage, dass im vergangenen Herbst Zusatzaufführungen für das Wiederaufnahmejahr 2020 angesetzt wurden. 80 Prozent der Tickets sind bereits verkauft. Erst in den letzten Wochen habe sich die Nachfragefrequenz aufgrund der Covid19-Pandemie reduziert. Auch die Opernproduktion im Festspielhaus, die Uraufführungen, Konzerte und weiteren Veranstaltungen seien gut gebucht. Mit den Führungen würden die Festspiele mindestens so viele Besucher erreichen wie im letzten Jahr, als man rund 250.000 Kunstfreunde zählte.