„Diese Bundesregierung ist eine Zumutung für die Kulturnation“

Theaterdirektor Föttinger fordert den Bundeskanzler zum Handeln auf.
Wien Auf dem Spielplan stehen Stücke von Turrini, Bernhard, Jelinek, Bahr, Bearbeitungen von Zweig und Schnitzler, aber auch Uraufführungen, etwa von Thomas Arzt oder Daniel Glattauer, nachdem Theaterschaffenden nach der Schließung der Häuser Anfang März bislang aber immer noch keine Perspektiven eröffnet wurden, wann und wie Proben und Aufführungen stattfinden können, richtete sich der Fokus bei der Programmpressekonferenz des Wiener Theaters in der Josefstadt auf dieses Thema.
Günter Rhomberg übt Kritik
Günter Rhomberg, Vorarlberger Unternehmer, ehemaliger Präsident der Bregenzer Festspiele und Geschäftsführer der Bundestheater-Holding, ist an der Josefstadt Vorsitzender des Stiftungsvorstandes, in dieser Funktion forderte er „Planungsgrundlagen und Planungssicherheit“. Nach normaler Finanzvorschau müsse man sagen, dass man „pleite“ sei. Das Theater, ein „Wirtschaftsbetrieb“ mit etwa 400 Beschäftigten, muss laut Pandemie-Verordnung über mehrere Monate geschlossen bleiben und laufe daher Gefahr, gar nicht mehr aufsperren zu können. Rhomberg konstatiert in Österreich seit Jahren einen Mangel an kompetenten Kulturpolitikern und erwartet sich von der Bundesregierung Perspektiven, nicht nur „Message Controle“. Es fehlten jene Persönlichkeiten – Rhomberg erinnerte dabei etwa an die ehemaligen Kulturminister Rudolf Scholten und Hilde Hawlicek -, die als Stimmen der Kultur in der Öffentlichkeit präsent sind.
Appell an die Verantwortung
Den Einnahmenentgang bis zum Ende der Saison beziffert Direktor Herbert Föttinger mit vier Millionen Euro, bei einer Spielzeit mit nur 170 Zuschauern in den Häusern – was den momentanen Auflagen entsprechen würde – würde der Verlust dann acht Millionen Euro betragen. Die Politik sei nun gefordert, es brauche ein Bekenntnis zur Kulturnation Österreich richtete sich Föttinger konkret an Bundeskanzler Kurz. Die Kultur in Nebensätzen zu nennen, reiche nicht aus: Wenn die Kulturnation nicht mehr existiere, sei der Bundeskanzler dafür verantwortlich und nicht der Koalitionspartner oder die Staatssekretärin, er habe den Rettungsschirm aufzuspannen.
„Schon viel zu lang haben wir erleben müssen, wie die Kultur in den Debatten von Baumärkten, Gartencentern und Quadratmeterzahlen verdrängt wird“, wurde der Theaterleiter und Regisseur Claus Peymann zitiert, der in der Josefstadt inszenieren wird. In Abwandlung der Aussage der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass die Pandemie eine Zumutung für die Demokratie sei, formulierte Herbert Föttinger das Verhalten der Politik gegenüber den Tausenden im Kulturbereich tätigen Menschen, die dem Land eine Wertschöpfungssumme von sechs Milliarden Euro erwirtschaften, mit den Worten „Diese Bundesregierung ist eine Zumutung für die österreichische Kulturnation“. VN-cd
„Es fehlen Persönlichkeiten in der Politik, die als Stimmen der Kultur präsent sind.“